Breite Debatte über die Offenlegung von Kirchenfinanzen entfacht

Transparenz gefordert

Veröffentlicht am 16.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
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Kirchensteuern

Bonn ‐ Der Streit um die Kosten des Diözesanen Zentrums im Bistum Limburg führt jetzt auch zu einer breiteren Debatte in politischen und kirchlichen Kreisen. Dass die Kirchenfinanzen transparenter werden müssen, sehen Politiker von CDU/CSU, SPD und Grünen ähnlich. Allenfalls die Begründungen variieren. Inwieweit jedoch das Kirchensteuersystem an sich Veränderungen bedarf, da gehen die Meinungen auseinander.

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"Gerade im Umgang mit ihrem eigenen Geld dürfen die Religionsgemeinschaften die normalen Standards nicht außer Acht lassen, die überall in der Gesellschaft gelten", sagte die Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Maria Flachsbarth, am Dienstag in Berlin. Sie warnte aber auch davor, "sämtliche staatlichen Mittel für die Kirchen infrage" zu stellen. Die Kirchen engagierten sich auf vielfältige Art und Weise und nähmen "eine wichtige Aufgabe" wahr.

Die frühere SPD-Finanzpolitikerin Ingrid Matthäus-Maier beklagte eine fehlende Transparenz der Kirchenfinanzierung. "Die Kirche zahlt in der Regel keine Grundsteuer. Sie kriegen aber gar nicht raus, wie viel der Staat dadurch verliert, weil es heißt, das sei geheim." Zudem hält die Politikerin und prominente Laizistin ein Ende der Staatsleistungen an die Kirchen für angebracht. "Das Ganze ist wirklich uralt, das muss weg", sagte Matthäus-Maier im Deutschlandfunk.

Annette Bernards, Präsidentin des Kirchensteuerparlaments im Erzbistum Freiburg, hält das Agieren mancher Bischöfe für nicht mehr tragbar. Mit Blick auf die Finanzen im Erzbistum Freiburg sprach sie jedoch von einer vertrauensvollen und guten Zusammenarbeit mit der Bistumsleitung. Mehr Transparenz sei allerdings beim Haushalt des Bischöflichen Stuhls wünschenswert. "Denkbar wäre beispielsweise, dass der Erzbischof auch hier jährlich offenlegt, welche Projekte mit Mitteln aus diesem Etat finanziert wurden."

Mehr als jede andere Institution auf das Vertrauen der Menschen angewiesen

Bereits am Montag sagte die Kirchenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, "Spiegel Online", dass die Kirchen "größtmögliche Transparenz" brauchten, da sie mehr als jede andere Institution auf das Vertrauen der Menschen angewiesen seien. "Es stimmt mich traurig, wenn katholische Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen wie die Caritas jetzt unter dem Limburger Finanzskandal leiden müssen, weil die Spendenbereitschaft zurückgeht", fügte die Protestantin hinzu.

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Archivnummer: KNA_258670

Barbara Hendricks, Bundesschatzmeisterin der SPD und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", die Mitglieder der Kirche hätten einen Anspruch darauf, dass innerkirchlich in den entsprechenden Gremien volle Transparenz über Einnahmen und Ausgaben hergestellt werde. Laut Hendricks sind weniger die bestehenden Regeln mangelhaft, "sondern hier oder da lässt die herrschende Praxis zu wünschen übrig". Da müssten die gewählten Mitglieder der Gremien mutiger ihre Rechte einfordern.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß erklärte, die aktuellen Vorgänge machten deutlich, dass "wir viele staatskirchenrechtliche Regelungen grundsätzlich überdenken müssen". Auch eine Institution wie die katholische Kirche dürfe sich dem grundsätzlichen Ziel von Transparenz nicht verschließen - "das liegt vor allem auch in ihrem eigenen Interesse", so der Katholik.

In Limburg sei ein enormer Vertrauensverlust zu beobachten, so Grünen-Politiker Josef Winkler, der in seiner Partei bis vor kurzem Sprecher für Kirchenpolitik war. "Um das Vertrauen wiederherzustellen ist es notwendig, nicht nur mit Worten, sondern mit Taten etwas zu ändern." Die Kirche müsse ihre Finanzen offen legen, frei nach dem Motto: "Wir haben nichts zu verbergen."

Kirchensteuer wichtigste Finanzquelle für Seelsorge, Bildung und Sozialwesen

In Deutschland haben die Kirchen das von der Verfassung gesicherte Recht, von ihren Mitgliedern Kirchensteuern zu erheben. Die Steuer ist die wichtigste Finanzquelle zur Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben in Seelsorge, Bildung und Sozialwesen. Die Höhe richtet sich in der Regel nach der Einkommenssteuer. Im Jahr 2012 erreichte die katholische Kirche einen Rekordwert von 5,19 Milliarden Euro an Kirchensteueraufkommen. Die Kirchensteuer wird aus Kostengründen vom Staat eingezogen; er erhält für diesen Dienst zwei bis vier Prozent des Aufkommens.

Darüber hinaus beziehen die Kirchen auch Finanzleistungen des Staates, die teilweise historische Wurzeln haben. So wurden 1803 zahlreiche deutsche Reichsfürsten für Gebietsverluste auf der linken Rheinseite durch Kirchengüter auf der rechten Rheinseite entschädigt. Die Fürsten verpflichteten sich im Gegenzug, den Kirchen regelmäßige Dotationen zu gewähren. Diese sogenannten altrechtlichen Staatsleistungen umfassen unter anderem die staatliche Übernahme der Gehälter von Bischöfen, Domherren und - in wenigen Fällen - auch Zuschüsse zu Pfarrergehältern.

Insgesamt machen diese Leistungen nach Angaben von Kirchenrechtlern rund 450 Millionen Euro für beide Kirchen pro Jahr aus. Mittlerweile gibt es in mehreren Bundesländern Verhandlungen über eine Rückführung oder Ablösung solcher Leistungen. Die Kirchen haben Verhandlungsbereitschaft signalisiert. (bod/KNA)