Katholische Krankenhäuser dürfen nicht gegen menschliche Natur handeln

US-Bischöfe gegen medizinische Eingriffe bei Transsexualität

Veröffentlicht am 21.03.2023 um 13:49 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Der Umgang mit transidenten Menschen wird kontrovers diskutiert. Die US-Bischofskonferenz hat sich nun deutlich positioniert: Unter Verweis auf die Natur des Menschen verbieten sie katholischen Krankenhäusern geschlechtsangleichende Eingriffe.

  • Teilen:

Die US-Bischöfe verlangen von katholischen Krankenhäuser, trans Menschen nicht durch Operationen und medizinische Maßnahmen bei ihrer Transition zu unterstützen. Aus einer von der US-Bischofskonferenz am Montag veröffentlichtem "lehrmäßigen Note zu den moralischen Grenzen der technologischen Manipulation des menschlichen Körpers" betont die Kommission für Glaubensfragen, dass derartige Eingriffe nicht die Grundordnung der menschlichen Person als Einheit von Leib und Seele respektierten. "Die katholischen Gesundheitseinrichtungen dürfen keine chirurgischen oder chemischen Eingriffe vornehmen, die darauf abzielen, die Geschlechtsmerkmale eines menschlichen Körpers in die des anderen Geschlechts zu verwandeln, und sich auch nicht an der Entwicklung solcher Verfahren beteiligen", so die Note. Zwar müssten katholische Einrichtungen alle geeigneten Mittel einsetzen, "um das Leiden derjenigen zu lindern, die mit einer Geschlechtsinkongruenz zu kämpfen haben". Die eingesetzten Mittel müssten aber die grundlegende Ordnung des menschlichen Körpers respektieren.

Nach Ansicht der Bischöfe widersprechen geschlechtsangleichende Maßnahmen dem Hippokratischen Eid und dessen Prinzip, niemandem zu schaden. Jeder Eingriff in den Körper, der nicht mit der grundsätzlichen Ordnung der menschlichen Person als einer Einheit von Körper und Geist übereinstimme, schade dem Menschen. In dem vierzehnseitigen Papier sehen die Bischöfe zwei Rechtfertigungen für medizinische Eingriffe. Zulässig ist demnach neben der Heilung von Defekten auch das Entfernen von Körperteilen, sofern dies notwendig für die Gesundheit ist. Geschlechtsangleichende Eingriffe würden keines der Kriterien erfüllen: "Erstens reparieren sie keinen Defekt im Körper: Es gibt keine Störung im Körper, die behoben werden muss; die körperlichen Organe sind normal und gesund. Zweitens wird bei den Eingriffen nicht ein Teil des Körpers für das Wohl des Ganzen aufgegeben." Stattdessen würden derartige Eingriffe den Körper entgegen seiner natürlichen Form verändern, um "die grundlegende Ordnung und Zweckmäßigkeit des Körpers zu verändern und ihn durch etwas anderes zu ersetzen".

Der Überlieferung nach vertrieb der Erzengel Michael Adam und Eva aus dem Paradies.
Bild: ©jorisvo/Fotolia.com (Symbolbild)

"Als Mann und Frau schuf er sie" – mit der biblischen Schöpfungsgeschichte begründet die Kirche ihre Geschlechteranthropologie.

Theologisch begründen die Bischöfe ihre Position mit der natürlichen Ordnung des Menschen im Rückgriff auf das Lehramt der Päpste, insbesondere Papst Johannes Paul II.: "Die Kirche wendet sich gegen dualistische Auffassungen von der menschlichen Person, die den Körper nicht als einen wesentlichen Teil der menschlichen Person betrachten." Die menschliche Natur sei nicht vom Menschen selbst geschaffen, sondern ein Geschenk des Schöpfers. Daher besitze der Mensch seine Natur auch nicht und habe nicht das Recht, sie beliebig zu benutzen. Zur menschlichen Natur gehöre mit der Leiblichkeit untrennbar auch die Differenzierung des Menschen in Mann und Frau. Zu intersexuellen Menschen äußert sich das Papier nicht.

Genmanipulation und Transhumanismus anders als Schönheitsoperationen bewertet

Neben dem medizinischen Umgang mit Transsexualität werden knapp auch genetische Veränderungen, die nicht zur Heilung von Krankheiten oder Defekten dienen, sowie "cybernetic enhancement", also die vermeintliche Verbesserung des Menschen durch Technologie verworfen. Schönheitsoperationen werden allerdings selbst dann als moralisch erlaubt angesehen, wenn sie nur der Verbesserung eines normalen Aussehens dienen, "wenn sie mit der richtigen Zielsetzung und in den richtigen Umständen unternommen werden".

Das Dokument verzichtet ausdrücklich darauf, pastorale Aspekte zu behandeln. Zwar gebe es bei sich als transident oder nicht-binär identifizierende Menschen eine große Zahl an pastoralen Themen, die es zu behandeln gelte, das könne aber im Rahmen der lehrmäßigen Note nicht behandelt werden, heißt es in einer Fußnote. In den USA wird der Umgang mit transidenten Menschen kontrovers diskutiert. In den vergangenen Jahren hatte das Bistum Marquette (Michigan) Trans-Personen und Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen von den Sakramenten der Taufe, Firmung und dem Empfang der Eucharistie ausgeschlossen. Außerdem hatte sich der  Erzbischof von Milwaukee (Wisconsin), Jerome Listecki, für eine Überprüfung potentieller Priesteramtskandidaten auf ihr biologisches Geschlecht hin ausgesprochen.

Synodaler Weg konnte sich nicht auf Grundtext zu geschlechtlicher Vielfalt einigen

Beim "Synodalen Weg" wurde der Grundtext zur Sexualethik mit der Sperrminorität der Bischöfe abgelehnt. Darin wurde zwar das biblische Menschenbild bekräftigt, einer Abwertung von inter und trans Menschen aber eine Absage erteilt. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke sagte nach der Synodalversammlung, in der der Text abgelehnt wurde, dass er vor allem mit Blick auf das christliche Menschenbild einen Bruch mit der ethischen Verkündigung der Kirche sehe. "Da ist irgendwo auch ein gewisser Abschied erfolgt, etwa in den Passagen zur Geschlechter-Binarität", erläuterte Hanke. Eine Zustimmung zum ganzen Text hätte auch eine Abkehr von der biblischen Lehre der Zweigeschlechtlichkeit bedeutet.

Mit dem verabschiedeten Beschluss des Handlungstextes "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" beklagte die Synodalversammlung später, dass die Lehre und das Recht der Kirche trans- und intergeschlechtlichen Personen nach wie vor höchst prekäre und verletzliche Positionen zuweise. Sie sprach das Votum aus, "dass transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen in unserer Kirche unbeschadet, ohne Anfeindungen und ohne Diskriminierung ihr Leben und ihren Glauben in ihrem So-Sein als Geschöpfe Gottes leben können". Dazu gehöre auch, dass sich die Kirche explizit von Ansichten distanziere, "die Inter- und Transgeschlechtlichkeit als krankhafte, negative oder gar sündhaft angesehene Abweichung darstellen", so der Beschluss. Erste Forderungen daraus sind bereits erfüllt: Im jüngst reformierten kirchlichen Arbeitsrecht wird geschlechtliche Vielfalt unter den Kirchenbeschäftigten als Bereicherung verstanden. Erste Bistümer, darunter Freiburg und Limburg, haben auch ihr Kirchenbuchwesen so geregelt, dass geschlechtliche Vielfalt in den Einträgen in den Sakramentenregistern abgebildet werden kann.

Die Kirche geht von einer Zweigeschlechtlichkeit aus und lehnt Positionen ab, die eine darüber hinausgehende Vielfalt von Geschlechtern vertreten. "Transsexualismus" wird von ihr als "rein psychische Störung" betrachtet. Gemäß dem Katechismus der Katholischen Kirche muss jeder Mensch "seine Geschlechtlichkeit anerkennen und annehmen" (Nr. 2333 KKK). Papst Franziskus hatte sich 2016 gegen eine Ausgrenzung von Transmenschen in der Kirche gewandt. "Die Tendenzen und hormonelle Ungleichgewichte bringen viele Probleme mit sich, und wir müssen vorsichtig damit sein zu sagen, dass alles dasselbe wäre", so der Papst. Transidente sollten wie auch Lesben und Schwule vielmehr von den Gemeinden integriert, begleitet und "näher zu Gott" geführt werden. Im Leben müsse man "die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Die Sünde ist die Sünde", so Franziskus, der sich zugleich erneut gegen die "Gendertheorie" aussprach. Es sei eine Sache, wenn Personen ihr Geschlecht ändern; eine andere sei es aber, dies in den Schulen zu lehren, um einen gesellschaftlichen Mentalitätswandel herbeizuführen. Das sei Ideologie. (fxn)

21. März 2023, 14.40 Uhr: Ergänzt um Handlungstext "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" des Synodalen Wegs.