Missbrauch: Münchner Erzbistum bekräftigt weiteren Aufklärungswillen
Das Erzbistum München und Freising hat seinen "unbedingten Aufklärungswillen" in Bezug auf sexuellen Missbrauch betont. Anlass war die Bekanntgabe der Staatsanwaltschaft München I vom Dienstag, dass die Ermittlungen gegen Verantwortungsträger des Erzbistums auf Basis des Missbrauchsgutachtens von 2022 eingestellt worden sind. In einer Reaktion darauf versicherte die Erzdiözese ihre weitere "uneingeschränkte Kooperations- und Unterstützungsbereitschaft" bei jeglicher staatlichen Ermittlung. Zudem rief die Erzdiözese Betroffene und all jene auf, die Hinweise auf Missbrauch im Bereich des Erzbistums hätten, sich zu melden. Sie könnten sich an unabhängige Ansprechpersonen wenden. Jeder Hinweis werde ernst genommen.
Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising, Richard Kick, sagte indes, er sei vom Ergebnis der Ermittlungen "ein Stück weit" enttäuscht. Es wäre positiv für alle Betroffenen gewesen, wenn der eine oder andere Kirchenverantwortliche auch zur Verantwortung gezogen worden wäre. Schließlich hätten diese Personen nicht getan, was notwendig gewesen wäre.
Laut Staatsanwaltschaft waren die Taten bereits verjährt oder den Verantwortlichen – den früheren Münchner Erzbischöfen Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) und Friedrich Wetter sowie Generalvikar Gerhard Gruber – habe man keine Beihilfe nachweisen können. Sollten aber bisher anonym gebliebene Betroffene noch Anzeige in nicht verjährten Fällen erstatten, könne man Ermittlungen auch wieder aufnehmen, hieß es.
Erst bei zweitem Gutachten tätig geworden
Kick erinnerte daran, dass die Staatsanwaltschaft erst nach dem zweiten von der Erzdiözese München und Freising in Auftrag gegebenen Missbrauchsgutachten bei der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) tätig geworden sei. Dieses war im Januar 2022 veröffentlicht worden und bezog sich auf die Jahre 1945 bis 2019. Er stelle sich die Frage, so der Sprecher, was passiert wäre, wenn die Justizbehörden schon 2010 die erste Untersuchung angefordert hätten. Denn die Kirche hätte dann nicht so kreativ mit ihrem Giftschrank umgehen können.
Ein früheres Gutachten war bereits 2010 von WSW erstellt worden. Dessen Inhalt war im Dezember desselben Jahres präsentiert, aber nicht in Gänze veröffentlicht worden. Der Giftschrank war laut Staatsanwaltschaft 2011 vom damaligen Generalvikar aufgelöst und die Dokumente waren den jeweiligen Personalakten zugeordnet worden.
Auf Twitter verwies der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag, Matthias Fischbach, darauf, dass es damals mehrere sexuelle Missbrauchsfälle gegeben habe, die noch nicht verjährt gewesen seien. "Das kam heute indirekt in der PK der Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen gegen kirchl. Führungskräfte heraus. Umso sträflicher ist das staatliche Wegsehen!" Auch wenn die Tatumschreibungen damals etwas ungenauer gewesen seien, hätte die Staatsanwaltschaft zumindest ein Vorermittlungsverfahren einleiten müssen. Aus diesem Versagen dürfe sich nicht mit Erinnerungslücken herausgeredet werden. (KNA)