Kardinal Hollerich schließt Weihe von Frauen nicht per se aus
Der luxemburgische Kardinal Jean-Claude Hollerich hält die Zulassung von Frauen zu geweihten Ämtern in der katholischen Kirche prinzipiell für möglich. In einem Interview der kroatischen Wochenzeitschrift "Glas Koncila" (Sonntag) sagte Hollerich, das Verbot der Frauenweihe sei "wahrscheinlich" keine unfehlbare Lehre des Papstes. "Mit der Zeit" könne ein Papst diese Frage anders entscheiden als Johannes Paul II. im Jahr 1994.
Zum gegenwärtigen Stand der Debatte erklärte Hollerich: "Papst Franziskus will die Weihe von Frauen nicht, und ich gehorche ihm in dieser Sache vollständig. Aber die Leute diskutieren weiter darüber." Er selbst sei kein Fürsprecher der Frauenweihe, er setze darauf, Frauen mehr Verantwortung in der Seelsorge zu geben. "Wenn wir das erreicht haben, können wir vielleicht sehen, ob der Wunsch nach der Frauenweihe weiterhin da ist." Hollerich betonte, dass es notwendig sei, für eine so weitreichende Veränderung die Zustimmung der orthodoxen Kirchen zu suchen. "Wir könnten das nie tun, wenn es die brüderliche Verbindung zur Orthodoxie gefährden und in unserer Kirche zu einer Polarisierung führen würde."
Homosexualität und Synodaler Weg
Hollerich äußerte sich in dem Interview auch zur Lehre der katholischen Kirche zur Homosexualität und bemerkte: "Wenn wir (den Homosexuellen) sagen, dass alles in sich falsch ist, was sie tun, dann ist es so, als würden wir sagen, dass ihr Leben keinen Wert hat." Er plädierte dafür, dass sich "Homosexuelle bei uns zuhause fühlen müssen. Andernfalls gehen sie weg." Hollerich erinnerte daran, dass Papst Franziskus gesagt habe, praktizierte Homosexualität sei eine Sünde, so wie jeder Sex außerhalb der Ehe Sünde sei. Er selbst finde den Teil der katholischen Lehre "zweifelhaft", wo es heißt, dass homosexuelle Akte "in sich nicht in Ordnung sind". Es sei "krude", wenn man Homosexualität auf ungeordnete sexuelle Akte reduziere.
Mit Blick auf den Synodalen Weg in Deutschland sagte Hollerich in dem Interview, der Papst kritisiere diesen Weg, weil in ihm die katholischen Laienverbände aufträten wie Gewerkschaften. Das unterscheide sich sehr von der Vision des Papstes vom Volk Gottes. Zudem sei die Kirche in Deutschland vor allem mit sich selbst und ihren Strukturen beschäftigt. "Das ist nicht eine Kirche, die der Welt dient, sondern sich selbst, und sie lässt wenig Raum für den Heiligen Geist." Dieser bringe manchmal erst Verwirrung und dann Harmonie, die Harmonie aber fehle in Deutschland: "Da gibt es eine Konfrontation zwischen einer Minderheit und einer Mehrheit unter den Bischöfen, es fehlt der Wille zum Kompromiss. Aber in einer Synode darf es niemals eine triumphierende Mehrheit und eine verwundete Minderheit geben."
Bei der anstehenden Bischofssynode hat Hollerich als Moderator ("Generalrelator") eine wichtige Position inne. Thema der jeweils im Oktober 2023 und 2024 tagenden Synode ist die Umgestaltung der katholischen Kirche zu einer "synodal verfassten Kirche". In ihr soll künftig außer dem Papst und den Bischöfen auch das "Volk Gottes", also die nichtgeweihten Laien, wichtige Fragen mit beraten. (tmg/KNA)