"Der Heilige Vater ist stark, mutig, hartnäckig"

Kardinal Hollerich: Kein baldiger Rücktritt von Papst Franziskus

Veröffentlicht am 01.04.2023 um 11:49 Uhr – Lesedauer: 

Turin ‐ Der Gesundheitszustand von Papst Franziskus ist immer wieder ein Thema in der Kirche: Wird er wie sein Vorgänger zurücktreten? Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich rechnet nicht mit einem baldigen Amtsverzicht.

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Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich rechnet nicht mit einem baldigen Rücktritt von Papst Franziskus. "Er würde das Papstamt nur dann aufgeben, wenn es ihm wirklich unmöglich wäre, den Dienst Petri fortzuführen", sagte Hollerich im Interview der italienischen Tageszeitung "La Stampa" (Samstag). "Aber der Heilige Vater ist stark, mutig, hartnäckig, er hat einen starken Willen. Und viel Hoffnung."

Mutmaßungen um einen möglichen Rücktritt des katholischen Kirchenoberhaupts waren erneut laut geworden, nachdem Franziskus am Mittwochnachmittag in die Gemelli-Klinik in Rom gebracht worden war. Der 86-Jährige litt unter einer infektiösen Bronchitis, die mit Antibiotika behandelt wurde. Am Samstagvormittag konnte er das Krankenhaus wieder verlassen.

Franziskus hat selbst immer wieder erklärt, dass er einen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen nicht ausschließt. Sein Vorgänger Benedikt XVI. war der erste Papst der Neuzeit, der von seinem Amt zurücktrat.

Offenheit für Segnungen

In dem Interview zeigte sich Hollerich zudem offen gegenüber Segnungen von homosexuellen Paaren in der katholischen Kirche. Segnen bedeute, einem Menschen etwas Gutes zu wünschen, und Gott wünsche niemandem etwas Schlechtes. "Ich denke, die Kirche kann ihre Haltung nur nach einem langen Prozess verändern", ergänzte er. "Doch wir müssen uns bemühen, den Prozess zu beschleunigen: Wir müssen die Türen für jedermann öffnen."

Homosexuelle Handlungen verstoßen nach geltender katholischer Lehre gegen die göttliche Schöpfungsordnung und sind sündhaft. Zugleich sei Homosexuellen "mit Achtung, Mitgefühl und Takt" zu begegnen, heißt es im Katechismus der katholischen Kirche.

Bild: ©picture alliance/ZUMAPRESS.com/Grzegorz Galazka

Der Zölibat für katholische Priester wird schon seit Langem diskutiert.

Hollerich äußerte sich auch zum Gebot der Ehelosigkeit für katholische Priester. Den Zölibat lebe er selbst mit großer Freude. "Aber ich kenne viele Priester, die deshalb leiden", sagte der Kardinal. Zudem gebe es in vielen Erdteilen immer weniger junge Männer, die Priester werden wollten. Er frage sich, ob nicht auch verheiratete Männer die Weihe empfangen sollten. "Doch das ist eine Entscheidung, die der Papst zusammen mit der gesamten Kirche treffen muss", so Hollerich.

Luxemburger sitzt in wichtigem Beratungsgremium

Franziskus berief den Luxemburger kürzlich in sein wichtigstes Beratungsgremium, den Kardinalsrat. Hollerich hat zudem eine Schlüsselrolle in der vom Papst ausgerufenen Weltsynode inne. Diese solle der Kirche helfen, "mit der Welt und der Gegenwart in einen Dialog zu treten und jedermann zuzuhören, um zu verstehen, wonach die Menschen streben", so der Kardinal.

Die Kirche solle nicht mehr als "klerikale Diktatur" verstanden werden. Päpste, Kardinäle, Bischöfe und Priester seien Teil des Gottesvolkes - genauso wie nichtgeweihte Laien. "Wir können keine Priester und Bischöfe ohne die Menschen sein - wir sind es für die Menschen", sagte Hollerich.

Bei der anstehenden Bischofssynode tritt der Luxemburger als "Generalrelator" auf. In dieser Funktion fasst er den Stand der Beratungen an wichtigen Punkten zusammen und nimmt damit entscheidenden Einfluss auf die Formulierung von Beschlussvorlagen. Thema der jeweils im Oktober 2023 und 2024 tagenden Synode ist die Umgestaltung der katholischen Kirche zu einer "synodal verfassten Kirche". (cph/KNA)