Hat Rom die existenziellen Nöte der Kirche in Deutschland verstanden?
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Immerhin kein jahrzehntelanges Schweigen. Zuletzt wurde oft daran erinnert, dass viele in Rom vorgebrachte Anliegen der Würzburger Synode in den Siebzigerjahren bis heute nicht beantwortet sind. Nach den ersten fünften Etappen des Synodalen Wegs kamen die Rückmeldungen jetzt schnell: Die Predigt durch Laien in der Eucharistiefeier ist nicht gewünscht, die Taufspendung von Frauen und Männern, die keine Kleriker sind, ebenso. Mitte dieser Woche wurde bekannt, dass auch das Vorhaben des Erzbistums Paderborn, bei der Wahl des nächsten Erzbischofs Laien zu beteiligen, wie der Synodale Weg das vorsieht, vom Nuntius gestoppt wurde. Die päpstlich auferlegte Geheimhaltungspflicht könne nicht auf Laien ausgedehnt werden.
Natürlich gibt es Aspekte der aktuellen rechtlichen Konstruktion, die nicht haben erwarten lassen, dass es zur stärker partizipativ ausgestalteten Bischofsbestellung kommt, wie das die Mehrheit der Synodalen, auch der deutschen Bischöfe, gewollt hat. Insofern wäre es falsch, jetzt Trübsal zu blasen. Mit den in rascher Folge eingehenden Stopp-Schildern aus Rom ergibt sich jetzt allerdings ein Problem.
Es gibt Katholiken, auch und gerade unter Hauptamtlichen und vielfach engagierten Ehrenamtlichen, die an der Sinnhaftigkeit des Synodalen Wegs gezweifelt haben. Manche waren auch unzufrieden ob der vielen Kompromisse, die im Verlauf der vergangenen drei Jahre eingegangen werden mussten. Es gibt die Fundamentalkritiker, die Zyniker und die Defätisten, die die Institution katholische Kirche zumindest in Westeuropa ohnehin abgeschrieben haben. Sie werden durch solche Entscheidungen Woche für Woche gestärkt. Die Bekämpfung schismatischer Tendenzen müsste anders aussehen. Hier braucht es andere Signale. Die Nuntiatur scheint hier als Treuhänder des Zusammenspiels von Zentral- und Ortskirche auszufallen.
Wenn dem Papst und der Kurie an einer hörenden Kirche liegt, wie immer wieder beteuert wird, ist es jetzt an der Zeit, deutlicher zu machen, was man von den existenziellen Glaubens- und Gewissensnöten eines Christseins in liberalen Gesellschaften wahrgenommen und auch verstanden hat.
Der Autor
Dr. Stefan Orth ist Chefredakteur der Herder Korrespondenz.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.