Standpunkt

Hat Rom die existenziellen Nöte der Kirche in Deutschland verstanden?

Veröffentlicht am 14.04.2023 um 00:01 Uhr – Von Stefan Orth – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bei der Weltsynode sei vom "Zuhören" die Rede, doch davon kann Stefan Orth im Vatikan wenig erkennen. Papst und Kurie müssten deutlich machen, was sie von den existenziellen Nöten der Christen in Deutschland verstanden haben, findet er. Doch es fehle wohl an Vermittlung.

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Immerhin kein jahrzehntelanges Schweigen. Zuletzt wurde oft daran erinnert, dass viele in Rom vorgebrachte Anliegen der Würzburger Synode in den Siebzigerjahren bis heute nicht beantwortet sind. Nach den ersten fünften Etappen des Synodalen Wegs kamen die Rückmeldungen jetzt schnell: Die Predigt durch Laien in der Eucharistiefeier ist nicht gewünscht, die Taufspendung von Frauen und Männern, die keine Kleriker sind, ebenso. Mitte dieser Woche wurde bekannt, dass auch das Vorhaben des Erzbistums Paderborn, bei der Wahl des nächsten Erzbischofs Laien zu beteiligen, wie der Synodale Weg das vorsieht, vom Nuntius gestoppt wurde. Die päpstlich auferlegte Geheimhaltungspflicht könne nicht auf Laien ausgedehnt werden.

Natürlich gibt es Aspekte der aktuellen rechtlichen Konstruktion, die nicht haben erwarten lassen, dass es zur stärker partizipativ ausgestalteten Bischofsbestellung kommt, wie das die Mehrheit der Synodalen, auch der deutschen Bischöfe, gewollt hat. Insofern wäre es falsch, jetzt Trübsal zu blasen. Mit den in rascher Folge eingehenden Stopp-Schildern aus Rom ergibt sich jetzt allerdings ein Problem.

Es gibt Katholiken, auch und gerade unter Hauptamtlichen und vielfach engagierten Ehrenamtlichen, die an der Sinnhaftigkeit des Synodalen Wegs gezweifelt haben. Manche waren auch unzufrieden ob der vielen Kompromisse, die im Verlauf der vergangenen drei Jahre eingegangen werden mussten. Es gibt die Fundamentalkritiker, die Zyniker und die Defätisten, die die Institution katholische Kirche zumindest in Westeuropa ohnehin abgeschrieben haben. Sie werden durch solche Entscheidungen Woche für Woche gestärkt. Die Bekämpfung schismatischer Tendenzen müsste anders aussehen. Hier braucht es andere Signale. Die Nuntiatur scheint hier als Treuhänder des Zusammenspiels von Zentral- und Ortskirche auszufallen.

Wenn dem Papst und der Kurie an einer hörenden Kirche liegt, wie immer wieder beteuert wird, ist es jetzt an der Zeit, deutlicher zu machen, was man von den existenziellen Glaubens- und Gewissensnöten eines Christseins in liberalen Gesellschaften wahrgenommen und auch verstanden hat.

Von Stefan Orth

Der Autor

Dr. Stefan Orth ist Chefredakteur der Herder Korrespondenz.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.