Betroffene: Bistum Hildesheim arbeitet Missbrauch zu langsam auf
Mangelnde Entschlossenheit bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch werfen Betroffene dem Bistum Hildesheim vor. Dieses sei auf einem guten Weg gewesen, habe aber den Fuß vom Gas genommen, teilte der gemeinsame Betroffenenrat der Bistümer Hamburg, Hildesheim und Osnabrück mit. Zahlreiche Empfehlungen aus den 2017 und 2021 veröffentlichten Missbrauchsgutachten seien bislang nicht umgesetzt. Zudem werde der Betroffenenrat nicht genügend mit einbezogen.
Konkret gebe es bislang keine unabhängige Ombudsstelle, die Betroffene bei rechtlichen Fragen unterstütze, sagte der Sprecher des Betroffenenrats, Norbert Thewes, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zudem fänden keine Gespräche von Bischof Heiner Wilmer und Generalvikar Martin Wilk mit dem Betroffenenrat statt. Die Kommunikation mit dem Bistum laufe nur auf Ebene der zuständigen Fachabteilung. In die Vorbereitung einer weiteren geplanten Aufarbeitungsstudie seien der Betroffenenrat und die Aufarbeitungskommission erst zu einem zu späten Zeitpunkt und auf eigenes Drängen einbezogen worden.
Bistum: Werden nicht nachlassen
Bischof Wilmer habe kurz nach seiner Amtseinführung 2018 noch gesagt, dass er jeden Stein umdrehen wolle, um Transparenz herzustellen, so Thewes. "Von dieser Haltung ist nicht viel übriggeblieben."
Der Sprecher des Bistums Hildesheim, Volker Bauerfeld, entgegnete auf Anfrage der KNA: "Dass wir bei der Aufarbeitung noch nicht da sind, wo wir sein möchten, steht außer Frage. Aber wir sind an dem Thema dran und werden nicht nachlassen." Bauerfeld verwies auf eine im März veröffentlichte Mitteilung, in der das Bistum selbst eingeräumt habe, 45 von 87 Empfehlungen noch nicht umgesetzt zu haben.
Grundsätzlich seien Bischof und Generalvikar immer ansprechbar für die Betroffenen, versicherte der Sprecher. An der Vorbereitung der geplanten Aufarbeitungsstudie werde der Betroffenenrat definitiv beteiligt.
Kritik übte das Gremium auch am Erzbistum Hamburg. Die dortigen Präventionsmaßnahmen seien intransparent, erklärte Thewes. Zudem gebe es bei der Aufarbeitung keine weiteren Bemühungen um neue Projekte. Auch sei das Miteinander mit dem Betroffenenrat nicht gut. So seien zu einer Pressekonferenz, bei der sich Erzbischof Stefan Heße im Februar zu einer Aufarbeitungsstudie für die Region Mecklenburg geäußert hatte, keine Vertreter des Gremiums eingeladen worden.
Hamburger Generalvikar: Schwachstellen identifizieren
Heßes Stellvertreter, Generalvikar Sascha-Philipp Geißler, betonte, dass sich das Erzbistum seit Jahren stark in den Bereichen Prävention, Intervention und Aufarbeitung engagiere. "Und ich denke, dass wir auch vieles richtig machen. Dennoch ist ein konstruktiver Dialog mit dem Betroffenenrat wichtig, um Schwachstellen zu identifizieren und unsere Arbeit in diesen Bereichen weiter zu verbessern."
Lobende Worte fand das Gremium für das Bistum Osnabrück: "Dort wird der Betroffenenrat Nord seit längerem aktiv und wertschätzend über geplante Schritte informiert und zu Beratungen herangezogen." Anders als in Hildesheim seien dort bereits Schritte zur Einrichtung einer Ombudsstelle unternommen worden.
Der Betroffenenrat für die drei Nordbistümer hatte im März vergangenen Jahres seine Arbeit aufgenommen. Er besteht aus neun Personen, die von einem unabhängigen Auswahlgremium berufen wurden, und soll unter anderem die Weiterentwicklung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt in den Bistümern begleiten. (KNA)