"Mit unserem Diözesanadministrator …"

Sinn oder Unsinn? Die Nennung des Diözesanadministrators im Hochgebet

Veröffentlicht am 07.05.2023 um 12:00 Uhr – Von Fabian Brand – Lesedauer: 

Bonn ‐ In drei deutschen Diözesen sind derzeit die Bischofsstühle vakant. Dabei hat sich die Praxis eingebürgert, während der Eucharistiefeier, anstelle des Bischofs den jeweiligen Diözesanadministrator namentlich im Hochgebet zu erwähnen. Aber ist das eine gute Idee?

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Im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Osnabrück ist in der Ausgabe vom 01. April 2023 folgender Absatz zu lesen: "Während der Sedisvakanz wird im eucharistischen Hochgebet der Vorname des Diözesanadministrators genannt: '… in Gemeinschaft mit deinem Diener, unserem Papst Franziskus, und unserem Diözesanadministrator Johannes'." In ähnlicher Weise war diese Anweisung auch zuvor in den Amtsblättern der beiden anderen vakanten Bistümer Paderborn und Bamberg veröffentlicht worden.

Um die Frage zu klären, ob dahinter eine sinnvolle Praxis steht, gilt es zunächst zu klären, wer überhaupt an dieser Stelle im Hochgebet genannt werden darf. Hierzu ist ein Blick in die Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch (AEM) hilfreich. Hinsichtlich der Erwähnung des Ortsbischofs im Hochgebet heißt es in Nr. 109: "Der Ordinarius wird mit folgenden Worten genannt: 'in Gemeinschaft mit deinem Diener, unserem Papst N., und unserem Bischof (Kapitularvikar, Prälat, Präfekten, Abt) N.'". Differenzierter ist das, was die GORM hinsichtlich dieser Stelle festhält. In Nr. 149 heißt es dort: "Der Diözesanbischof oder jener, der ihm vom Recht gleichgestellt ist, muss mit folgenden Worten genannt werden: in Gemeinschaft mit deinem Diener, unserem Papst N., und unserem Bischof (bzw. Vikar, Prälaten, Präfekten, Abt) N.". 

Die beiden Einführungen in das Messbuch verweisen eindeutig darauf, dass es der Ortsbischof ist, der im Hochgebet nach dem Papst genannt wird. Zwar gibt die GORM die Möglichkeit, jenen zu erwähnen, der dem Diözesanbischof "vom Recht gleichgestellt ist". Doch kann dabei nicht an einen Diözesanadministrator gedacht werden. Dieser besitzt zwar gemäß c. 427 § 1 CIC die Amtsgewalt des Diözesanbischofs, kann aber aufgrund c. 428 § 2 CIC nicht alles tun, was ein Diözesanbischof tun könnte. Für den Diözesanadministrator gilt ja der Grundsatz "sede vacante, nihil innovetur", was darauf hindeutet, dass die Amtsgewalt des Diözesanadministrators in letzter Konsequenz doch nicht gleichzusetzen ist mit derjenigen des Diözesanbischofs. Deswegen kann der Diözesanadministrator gemäß GORM Nr. 149 auch nicht im Hochgebet genannt werden. 

Warum wird der Bischof überhaupt im Hochgebet erwähnt? 

Warum aber wird überhaupt der Diözesanbischof im Hochgebet erwähnt? Die namentliche Nennung des Papstes und des Ortsbischofs ist vor allem ekklesiologisch bedeutsam. Sie verbinden Ortskirche und Weltkirche miteinander: In jeder Eucharistiefeier ist die versammelte Gemeinschaft vor Ort mit der Kirche auf der ganzen Welt verbunden. Die Communio der Gläubigen in einer konkreten Eucharistiefeier weitet sich in die Communio der Weltkirche hinein. Hierbei wird erfahrbar, dass die Gemeinschaft der Kirche eine ist, die vor Ort konkret wird, die aber über diese Verortung noch einmal hinausgeht. 

Dreh- und Angelpunkt dieser Verknüpfung einer Ortskirche mit der Weltkirche ist der Diözesanbischof. Er erhält sein Amt nicht aus eigenem Antrieb, sondern er wird vom Papst für dieses Amt ernannt und er erhält seine Legitimation durch den Papst. Dabei kommt diese Verbindung aber nicht nur auf der rechtlichen Ebene zum Tragen, sondern auch auf der sakramentalen Ebene: Allein durch ein päpstliches Mandat kann die Bischofsweihe gültig und erlaubt gespendet werden. Wenn aber ein Diözesanbischof gültig und erlaubt den episkopalen Ordo empfangen hat, ist die Verbindung zwischen Ortskirche und Universalkirche durch ein sakramentales Band hergestellt. Der Inhaber der Kathedra einer Ortskirche ist dann deren geistliches Haupt.

Bild: ©

Der Diözesanbischof wird vom Papst ernannt. Symbolisch wird diese Verbindung bei der Amtseinführung deutlich: den Gläubigen wird die Ernennungsurkunde des Papstes präsentiert. So wie hier bei der Amtseinführung von Bischof Ulrich Neymeyr in Erfurt 2014.

Das "Direktorium für Dienst und Leben der Presbyter" bringt dies in Nr. 23 sehr gut auf den Punkt: Die Erwähnung des Diözesanbischofs im Hochgebet drückt "nicht bloß ein Gefühl der Verehrung" aus, sondern bezeugt "die Authentizität seiner Zelebration". Eben weil der eigene Bischof vom Papst ernannt ist, entspricht das, was in seiner Diözese geschieht, dem, was der Universalkirche entspricht. Der Diözesanbischof bürgt für die Authentizität der Feier der Eucharistie, das heißt, er garantiert, dass die Ortskirche nicht aus der Verknüpfung mit der Weltkirche herausfällt und dass das, was in der Eucharistiefeier geschieht, nichts anderes ist als das, was die Kirche tut. 

Schwierig wird das Ganze, wenn die Kathedra einer Ortskirche vakant ist und der Name des Diözesanadministrators ins Hochgebet eingefügt wird. Denn der Diözesanadministrator kann die enge Verknüpfung mit dem Papst nicht garantieren, da er selbst für dieses Amt, das er interimsweise ausübt, keine Legitimation durch den Heiligen Stuhl erhalten hat. Im Gegensatz zum Diözesanbischof ist der Diözesanadministrator nicht vom Papst für dieses Amt ernannt worden, er hat dieses Amt allein durch die Legitimation der Ortskirche in Form des jeweiligen Domkapitels erhalten. Damit fällt im Amt des Diözesanadministrators jene wichtige Verknüpfung mit dem Papst, die im Diözesanbischof in sakramentaler Weise gegeben ist. Denn ein Diözesanadministrator mag zwar ein gültig und erlaubt geweihter Bischof sein (wie das in Bamberg und Osnabrück der Fall ist), er ist aber eben nicht Inhaber der Kathedra einer Ortskirche und für dieses Amt vom Papst ernannt worden. Dadurch kann er die Authentizität der Glaubensweitergabe in einem Bistum nur in bedingter Weise bezeugen, jedenfalls nicht in der Weise, wie das der rechtmäßig ernannte Diözesanbischof könnte. 

Komplexe Lage in Paderborn 

Noch komplexer ist die Lage im Erzbistum Paderborn, wo der Diözesanadministrator nicht den episkopalen Ordo empfangen hat. Hier ist die Nennung im Hochgebet nach dem Papst noch weniger nachvollziehbar. Denn ein solcher Diözesanadministrator ist erst einmal Presbyter und wird im Hochgebet mit der Communio der Presbyter erwähnt. Eine sakramentale Verbundenheit der Ortskirche mit der Universalkirche kann durch ihn nicht erfolgen. Für die Spendung der Priesterweihe ist keine Zustimmung des Heiligen Stuhls notwendig, sie geschieht ganz in ortskirchlicher Verantwortung, freilich durch den die Weihe spendenden Bischof immer auch in Verbindung mit der Universalkirche. Dennoch wird in einem Diözesanadministrator, der nicht Bischof ist, die Verknüpfung der Communio der Ortskirche mit der Communio der Universalkirche nicht deutlich. Jedenfalls nicht so, wie das an der entsprechenden Stelle im Hochgebet zum Ausdruck kommen sollte. Da ein solcher Diözesanadministrator nicht Bischof ist, kann er auch nicht die Weitergabe des apostolischen Glaubens garantieren; er ist kein Nachfolger der Apostel, wie das die Bischöfe sind. 

Die Nennung des Diözesanadministrators im Eucharistischen Hochgebet nach dem Papst an der Stelle des Diözesanbischofs ist nicht nur schwierig zu verantworten, sie ist schlichtweg theologisch nicht überzeugend. Das, was eigentlich durch die Nennung des Diözesanbischofs erfolgen soll, wird durch die Nennung des Diözesanadministrators nicht erreicht bzw. noch verschleiert. Es müsste vielmehr bedacht werden, was bei einer anderen Sedisvakanz gilt: Bei der Vakanz des Bischofsstuhles von Rom wird auch nicht der Kardinaldekan oder der Kardinalkämmerer oder (richtigerweise) das Kardinalkollegium als Ganzes im Hochgebet erwähnt. Sondern korrekterweise unterbleibt die Nennung des Papstes in der Zeit der Sedisvakanz. Es gibt in dieser Zeit keinen Bischof von Rom und es gibt eben auch keinen, der sein Amt in ebenbürtiger Weise ausübt und damit seine Stelle einnimmt.

Gleiches müsste in diesem Fall eben auch für die Sedisvakanz in einer anderen Ortskirche als der Ortskirche von Rom gelten. Es gibt niemanden außer dem Diözesanbischof, welcher die sakramentale Einheit mit der Communio der Universalkirche so darstellen könnte, wie er selbst. Das Gebet für den Diözesanadministrator ist richtig und wichtig – aber es hat seinen Ort in den Fürbitten der Liturgie und nicht im Eucharistischen Hochgebet.

Von Fabian Brand