Nach Zulassung in Portugal

Bätzing: Kirche gegen alle Formen aktiver Sterbehilfe und von Beihilfe

Veröffentlicht am 22.05.2023 um 11:39 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ In Portugal wurde jüngst aktive Sterbehilfe zugelassen. Dass das in Deutschland nicht geschehen soll, darin sind sich Vertreter von Kirche und Medizin einig. Anders sieht es bei der Regelung von Beihilfe zur Selbsttötung aus.

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Nach der Zulassung der aktiven Sterbehilfe in Portugal lehnen Vertreter von Kirche und Medizin einen ähnlichen Schritt in Deutschland ab. Auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), Robert Roßbruch, schreibt in einem Beitrag für den Berliner "Tagesspiegel", er könne akzeptieren, dass eine Aufweichung des Verbots der aktiven Sterbehilfe in der Bundesrepublik – anders als in den Benelux-Staaten, Spanien und Portugal – nicht zur Debatte stehe. Er plädierte aber für eine weitreichende liberale Regelung bei der Beihilfe zur Selbsttötung.

Dagegen erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, in der Zeitung: "Die katholische Kirche lehnt alle Formen der aktiven Sterbehilfe und der Beihilfe zur Selbsttötung ab." Die Gesellschaft dürfe auch nicht zulassen, dass der künstlich herbeigeführte Tod in der Endphase eines Lebens zu einer ärztlichen Dienstleistung werde. "Eine gesetzliche Regelung, die derartige Angebote duldet, würde den inneren und äußeren Druck auf alle Alten, Schwerkranken und Pflegebedürftigen erhöhen, hiervon Gebrauch zu machen – um keine Last für Angehörige zu sein." Der Staat ermögliche ein würdevolles Sterben, wenn er die flächendeckende medizinische und pflegerische Begleitung Schwerstkranker und Sterbender fördere.

"Womit ich nicht einverstanden bin..."

Roßbruch warnte hingegen davor, das vom Bundesverfassungsgericht 2020 festgeschriebene weit reichende Recht auf Suizidhilfe durch neue Gesetze zu erschweren. "Womit ich nicht einverstanden bin, ist, dass einige Bundestagsabgeordnete derzeit die Inanspruchnahme von Suizidhilfe gesetzlich deutlich erschweren wollen." 2022 habe die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben 229 Menschen ein selbstbestimmtes Lebensende ermöglicht. "Was wir in Deutschland brauchen, ist eine tatsächliche Wahlfreiheit. Ohne Strafandrohung für den Arzt und ohne Verteufelung der Selbstbestimmung."

Auch die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Claudia Bausewein, wandte sich gegen eine Freigabe der aktiven Sterbehilfe. Mit Blick auf Wünsche von sterbenskranken Menschen, Beihilfe zum Suizid zu erhalten, schreibt Bausewein, Aufgabe der Mediziner sei es, "ein Angebot zu machen, wie Symptome und Nöte gelindert, Ängste und Einsamkeit genommen und bei unerträglichem Leiden nötigenfalls sedierende Medikamente eingesetzt werden können". Menschen mit existenziellen Fragen dürften bis zum letzten Augenblick nicht alleingelassen werden. "Diese Form des gesellschaftlichen Miteinanders muss dringend gestärkt werden."

Suizid und Beihilfe zum Suizid sind in Deutschland nicht verboten. Allerdings hatte der Bundestag 2017 ein Gesetz verabschiedet, das die organisierte Suizidbeihilfe durch Sterbehilfevereine verbot. Dieses Gesetz kippte das Bundesverfassungsgericht Anfang 2020. Die Richter formulierten sogar ein weitreichendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben, auch durch die Hilfe Dritte. Verboten bleibt in Deutschland aber die aktive Sterbehilfe. Bei ihr führt eine andere Person die Tötung – etwa durch eine Giftspitze – durch. Bei der Beihilfe zum Suizid kommt es darauf an, dass der Sterbewillige das Geschehen in der Hand behält und etwa den Giftcocktail selber nimmt. (KNA)