Alterzbischof Becker: Vertrauenskrisen in Kirche und Gesellschaft
Der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker beobachtet eine Verrohung in Kirche und Gesellschaft durch die Vielzahl an aktuellen Vertrauenskrisen. "Der Ton wird kälter, die Mitmenschlichkeit nimmt ab und wird weniger wertgeschätzt", sagte Becker anlässlich seines 75. Geburtstages laut einem Interview des Erzbistums Paderborn am Dienstag. Er frage sich, warum beispielsweise in der medialen Berichterstattung vor allem das Negative attraktiv sei.
Die Kirche verliere jedoch an gesellschaftlichem Einfluss, so dass ihre Möglichkeiten nicht mehr so ausgeprägt seien. "Mit Blick auf die Gesellschaft können wir die Meinungsbildung unterstützen und uns in solidarischem Verhalten engagieren. Als Kirche müssen wir Glaubwürdigkeit in dem herstellen, was wir verkündigen", führte der emeritierte Erzbischof weiter aus. Krisen müsse man außerdem "in 'göttlicher Pädagogik' verstehen: Wir wissen nicht, wo uns die gegenwärtigen Krisen hinführen werden. Ich nehme den Willen Gottes als Faktor ernst."
"Manches habe ich im Nachhinein bereut"
Becker betonte weiter, dass er insgesamt dankbar auf seine Zeit als Erzbischof zurückblicke. Zugleich räumte er jedoch auch ein, Fehler gemacht zu haben. "Damit muss ich umgehen. Manches habe ich im Nachhinein bereut", erklärte er. Dass seine Amtszeit im Forschungsprojekt der Universität Paderborn zum sexuellen Missbrauch untersucht wird, empfindet der Altbischof als "normal". Das sei mit der Stellung als Erzbischof verbunden. "Ich schließe mich von der Aufarbeitung nicht aus. Ich nehme das sehr ernst und gehe dem mit Offenheit entgegen", hieß es.
Nach fast zwei Jahrzehnten an der Spitze des Erzbistums Paderborn nahm Papst Franziskus im Oktober 2022 das altersbedingte Rücktrittsgesuch von Becker an. Am 8. Juni wird er 75 Jahre alt. Seit dem Rücktritt leitet Domkapitular Michael Bredeck als Diözesanadministrator das Erzbistum Paderborn übergangsweise. (mpl)