"Wir sollten als Christen hoffen, dass diese Mission Erfolg hat"

Merz: Voller Zuspruch für Vatikan-Vermittlung im Ukraine-Krieg

Veröffentlicht am 10.06.2023 um 11:06 Uhr – Lesedauer: 

Nürnberg ‐ "Wir müssen uns als Politikerinnen und Politiker bewusst sein, dass wir immer nur die vorletzten Dinge auf dieser Welt lösen können", sagte Friedrich Merz beim Evangelischen Kirchentag. Politik könne das Heil Gottes nicht bringen.

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Die Vermittlungsbemühungen des Vatikans im Ukraine-Krieg verdienen nach Ansicht von CDU-Chef Friedrich Merz uneingeschränkten Zuspruch. "Wir sollten als Christen hoffen, dass diese Mission Erfolg hat", sagte Merz am Samstag bei einer Bibelarbeit auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. In dieser Woche sprach der von Papst Franziskus mit einer Friedensmission betraute Kardinal Matteo Zuppi in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Merz betonte zugleich, um gegenwärtig Frieden in Europa zurückzuerlangen, seien Beschwichtigung und eine "Annäherung an den Aggressor", Russlands Präsident Wladimir Putin, der falsche Weg. Dafür erhielt der Katholik großen Applaus in der mit mehreren tausend Menschen gut gefüllten Frankenhalle.

"Politik kann das Heil Gottes nicht bringen und auch nicht ersetzen"

Mit Blick auf die deutsche Außenpolitik sagte der Vorsitzende der in der Opposition sitzenden CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Wir prüfen beständig, ob wir das, was wir tun, das Richtige ist." Das gelte für alle Parteien der breiteren Mitte im Parlament. Dabei sei es ungeheuer wichtig, sich die Freiheit zu nehmen, mit kritischen Verstand die Probleme der Zeit von allen Perspektiven zu beleuchten. "Wir ringen um den richtigen Weg und wir wissen, dass es immer nur die vorletzten und nicht die letzten Antworten sind, die wir haben."

Merz betonte zudem die Grenzen politischer Handlungsmöglichkeiten. "Wir müssen uns als Politikerinnen und Politiker bewusst sein, dass wir immer nur die vorletzten Dinge auf dieser Welt lösen können", sagte der Politiker. "Politik kann das Heil Gottes nicht bringen und auch nicht ersetzen", fügte er hinzu. Bestenfalls könne Politik, "die nahe vor uns liegende Zukunft gestalten, aber nicht die endgültige gewinnen", sagte Merz. Er verwies auf das Ringen in der Politik um das bestmögliche Handeln, etwa in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Es beschäftigt uns, es quält uns, es belastet uns", sagte Merz. Er würdigte die kritischen Stimmen gegenüber Waffenlieferungen innerhalb der Kirchen, verteidigte die Lieferungen aber selbst. Um Frieden in Europa zu erlangen, seien Beschwichtigung, Appeasement und Annäherung mit den falschen Mitteln derzeit der falsche Weg.

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Als zweite große Herausforderung der Zeit nannte Merz den Kampf gegen den Klimawandel. Dabei übte er Kritik an der AfD. Zur Aufgabe, den Klimawandel zu bekämpfen, "gehört zuallererst dazu, dass wir ihn nicht leugnen", sagte Merz. Jenseits des unstreitigen Ziels müsse in der parlamentarischen Demokratie um den richtigen Weg gestritten werden. Keine der demokratischen Parteien sei dabei "im Besitz der vollständigen Erkenntnis und Wahrheit", sagte Merz.

Zugleich erklärte der CDU-Chef, dass er an seiner Kirche leide, einen Austritt aber derzeit nicht in Erwägung ziehe. Auf dem "Roten Sofa" der Kirchenpresse abekannte Merz, ihn beschwere und belaste der Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen sehr. Gerade eine Institution wie die katholische Kirche müsse "in der Lage sein, anders damit umzugehen" und solche Vorgänge aufzuarbeiten. Andernfalls verliere sie Vertrauen. Der Katholik aus dem Erzbistum Paderborn bezog sich unter anderem auf die schleppende Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln. Der CDU-Vorsitzende zog auch Parallelen zwischen den politischen Parteien in Deutschland und den Kirchen. Beide verlören Mitglieder und damit Einfluss. Kirchen und Parteien stünden somit vor ähnlichen Herausforderungen.

Auf die Frage nach dem "C" im Namen seiner Partei sagte Merz, er sei dankbar für die parteiinterne Debatte darüber im vergangenen Jahr. Diese habe er als "Möglichkeit zur Vergewisserung" empfunden. "Selbstverständlich" werde das "C" im Parteinamen bleiben, weil der Programmatik das christliche Menschenbild zugrunde liege. Dies sei für viele eine Provokation, die aber beabsichtigt sei. Es handele sich um ein Angebot, bei dem auch Nicht-Christen mitarbeiten könnten. So gebe es inzwischen viele Muslime in der CDU, unterstrich Merz. (cbr/KNA/epd)

10.06.23, 13.15 Uhr: Ergänzt um weitere Aussagen von Friedrich Merz beim Evangelischen Kirchentag.