Fall Orlandi: Italiens Parlament richtet Untersuchungsausschuss ein
Das italienische Parlament wird bald das Verschwinden der Vatikan-Einwohnerin Emanuela Orlandi vor 40 Jahren mit einem Ausschuss untersuchen. Die im Senat zuständige Verfassungskommission stimmte am Dienstagabend in Rom einhellig für die Errichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Dem Schritt muss nun noch das Plenum des Senats zustimmen. Die Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments hatte die Maßnahme bereits im März genehmigt. Ziel ist die Errichtung eines Untersuchungsausschusses, der von beiden Kammern des Parlaments getragen wird.
Im Fall Emanuela Orlandi, die 1983 als damals 15-Jährige spurlos verschwand, ermitteln bereits die italienische und die vatikanische Staatsanwaltschaft. Die Strafverfolgungsbehörden beider Staaten haben sich Zusammenarbeit zugesichert. Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi sprach sich Anfang Juni im Senat bei einer Anhörung gegen die Errichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses aus. Ein dritter Ermittlungsstrang, der eine andere Methode verfolge als die Rechtsbehörden, sei eine Einmischung und könne den bereits laufenden Untersuchungen schaden, so Diddi. Mit diesen Bedenken konnte er sich jedoch nicht durchsetzen.
Papst beauftragte Ermittlungen
Auf Geheiß von Papst Franziskus hatte der Vatikan-Staatsanwalt Anfang 2023 Ermittlungen aufgenommen. Am Sonntag erinnerten während des Mittagsgebets auf dem Petersplatz mehrere Dutzend Menschen an die Verschwundene. Auch Franziskus griff das Thema nach seinem Gebet auf. Er sei den Angehörigen, insbesondere Emanuelas Mutter, nahe und bete für sie. Emanuelas Bruder, Pietro Orlandi, betonte, er werde nicht aufhören, seine Schwester zu suchen. Seit Jahren fordert er in den Medien eine Aufklärung des Falls und wirft dem Vatikan vor, die Sache in der Vergangenheit vertuscht und verschleppt zu haben.
Emanuela Orlandi, Tochter eines Vatikan-Angestellten, kehrte am 22. Juni 1983 von ihrem Musikunterricht in Rom nicht nach Hause zurück. Seitdem gibt es, zuletzt auch in einer Netflix-Reihe, Gerüchte und Verschwörungstheorien: Es geht um Entführung, Erpressung, Beteiligung der Mafia sowie diverser Geheimdienste und um angebliche vatikanische Sex- und Drogenpartys. Die italienische Staatsanwaltschaft hat in dem Fall bereits mehrere Male ergebnislos ermittelt. (KNA)