Wir brauchen eine gemeinwohlorientierte Pastoral
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Oft habe ich in letzter Zeit gehört, die Kirche verliere rasant an gesellschaftlichem Einfluss. Sinkende Mitgliederzahlen, weniger Personal und wenig Verständnis für christliche Positionen und Überzeugungen führten dazu, dass sich Debatten und Entscheidungsprozesse kaum noch wirkungsvoll mitgestalten ließen. Jetzt müsse man das eigene Profil schärfen, pointierter werden, Position beziehen.
Statt sich verstärkt auf sozialethische Leuchtturmpositionen zurückzuziehen, möchte ich aber einen anderen Weg vorschlagen und für eine gemeinwohlorientierte Pastoral mit Akteuren im konkreten Umfeld plädieren. Es geht darum, sich als Partner bei der Lösung von Lebensraumproblemen der Menschen in der Nachbarschaft anzubieten und einzubringen. Und das absichtslos, also ohne den Anspruch auf Leadership oder Imageaufbesserung. Wer es biblisch besser versteht: der Stadt Bestes zu suchen und für sie zu beten – zum Wohl der Stadt und um des eigenen Wohlergehens willen (Jeremia 29,7).
Wo Jugendliche an der "Bushalte" abhängen und aus bürgerlicher Perspektive "Ärger machen", bieten wir ihnen mit dem örtlichen Streetworker unsere Räume als offenen Jugendtreff an. Weil – und nicht: obwohl – wir wissen, dass sie nie an unserem Gemeindeleben partizipieren werden. Weil immer häufiger Schulen unsere gottesdienstlichen Angebote nicht mehr brauchen können, bringen wir uns in ihre Aktionen ein. Unser Workshop im Rahmen der schulischen Projektwoche ist so etwas wie gelebte Kindergrundsicherung – mit kostenlosem Frühstück für alle und einem inhaltlichen Angebot, das soziale und Bildungsgrenzen überwinden hilft. Beim hochsommerlichen Fest der Kulturen schließlich beteiligen wir uns nicht mit einem Bericht über unsere Sozialprojekte, einem Waffelstand zugunsten der Jugendpastoral oder einem biblischen Erzählcafé. Wir verteilen Wasser – mit oder ohne Sprudel, kalt und kostenlos. In Kooperation mit dem örtlichen Wasserverband. Damit allen wohl bleibt bei den heißen Temperaturen und vor allem die Alten und die Kinder genug trinken.
Die Einwände höre ich schon: Da bleibt ja jedes inhaltliche Profil auf der Strecke. Ich glaube nicht. Wir geben die Frage nach dem Engagement Gottes für den Menschen nicht auf, sondern versuchen seine Hinwendung nachzuvollziehen. Ganz in Jesu Sinne wollen wir fragen: Was sollen wir mit euch tun? Und das ist heute nicht wenig.
Der Autor
Dominik Blum ist Pastoraler Koordinator in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.