Die Kirchen waren zu leise nach dem AfD-Sieg von Sonneberg
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Im thüringischen Kreis Sonneberg wird ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt – und in den Kirchen bleibt es eigentümlich leise. Die evangelische Regionalbischöfin Friederike Spengler warnt, alle AfD-Wähler in die rechte Ecke zu stellen. Ulrich Neymeyr, der katholische Bischof von Erfurt, äußert sich zunächst gar nicht; andererseits hat er schon oft genug erklärt, wie wenig er von den Rechtspopulisten hält. Und überhaupt: In Thüringen gehört nur noch gut jeder Vierte einer dieser Kirchen an, auch ein noch so lauter Aufschrei hätte nur begrenzte Wirkung.
Trotzdem: Die Kirchen waren zu leise nach dem Desaster von Sonneberg. Es ist ja nicht einfach ein wenig bedeutender AfD-Politiker an die Spitze von Deutschlands zweitkleinstem Landkreis gewählt worden. Es hat der Kampf der AfD um die Exekutive begonnen, um Rathäuser, Landratsämter, Landesministerien. Und gerade die thüringische AfD, die geprägt ist von Björn Höcke, ist keine konservative Partei für jene, denen die Änderungen im Leben und in der Gesellschaft zu schnell und zu weit gehen. Sie ist hart rechts, sie will eine andere Republik, in der das Feinddenken zur politischen Kultur wird und der Rechtsstaat Schicht um Schicht ausgehöhlt.
Es ist ein zutiefst antichristliches Programm, das die AfD vertritt. Sie setzt den Eigen- und Gruppennutzen über die personale Würde des Menschen. Und wer die AfD wählt, kann sich nicht mehr damit herausreden, dass er doch nur protestieren wolle. Die Partei sagt in aller Offenheit, was sie will – und wer sie wählt, stimmt dem zu. Gerade jetzt, wo die AfD erfolgreich ist, müssen die Kirchen dem konsequent entgegnen. Gerade jetzt brauchen jene Menschen Unterstützung und Ermutigung, die dies schon lange tun. Und erst recht jene, die zu Recht fürchten müssen, in einem AfD-Land ihrer Rechte beraubt zu werden: Menschen, die geflüchtet sind oder migriert, nichtbinär, mit dunkler Haut- und Haarfarbe, Arme, allen, denen eine Normabweichung unterstellt werden kann. Es wäre eine wichtige Aufgabe für die Kirchen – und eine schwierige. Es gibt auch in den Gemeinden Menschen, die mit der AfD sympathisieren. Aber genau da muss die Auseinandersetzung beginnen, fair, aber mit der nötigen Klarheit: Wer ein Wahlamt für die AfD übernimmt, kann nicht zugleich eins für die Kirche übernehmen.
Der Autor
Matthias Drobinski ist Chefredakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.