Franziskus sei "kein Fan" von Synodalem Weg

Kirchenhistoriker: Deutschland bei Kardinalsernennungen abgestraft

Veröffentlicht am 11.07.2023 um 16:59 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Unter Franziskus wurde kein in Deutschland residierender Bischof zum Kardinal erhoben. Auch andere Länder kennen das Problem. Für Massimo Faggioli hat das kirchenpolitische Gründe. Aber nicht immer halte der Papst sich an sein eigenes Muster.

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Aus Sicht des US-amerikanischen Theologen und Kirchenhistorikers Massimo Faggioli wird Deutschland bei der Ernennung von Kardinälen von Papst Franziskus abgestraft. "Wir wissen ja, dass Franziskus' Verhältnis mit der Kirche in Deutschland angespannt ist. Er denkt, Deutschland als Kirche ist viel zu elitär und akademisch", sagte Faggioli dem Kölner "Domradio" (Dienstag). Dies merke man auch an den Kommentaren des Papstes zum Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. Das Kirchenoberhaupt sei "kein Fan von der Art, wie der Prozess in Deutschland strukturiert und durchgeführt wird".

Fehlende Kardinalsernennungen seien allerdings nicht nur ein Problem der Kirche in Deutschland. "Da gibt es noch andere Länder, wo das noch deutlicher und schwieriger zu rechtfertigen ist", so Faggioli. "Beispiel: In den nächsten fünf Jahren wird die Stadt Lissabon zwei Papstwähler haben, während in Irland oder Australien überhaupt keiner mehr sitzt." Die Gründe dafür seien sowohl historisch als auch kirchenpolitisch. "Für mich ist das allerdings eine Verzerrung der Vision, die Franziskus eigentlich hatte, die Kirche mehr 'an die Ränder' zu bringen", kritisierte der Kirchenhistoriker der Villanova-University im US-Bundesstaat Pennsylvania. "Franziskus denkt anscheinend, dass der anglo-amerikanische und englischsprachige Katholizismus in der Weltkirche im Moment keine neuen Kardinalsernennungen braucht."

Franziskus weicht auch von eigenen Regeln ab

Das System, wie Kardinalsposten besetzt werden, habe sich bereits in der frühen Moderne entwickelt, in den vergangenen 200 Jahren allerdings einige Veränderungen erfahren. So habe es klassische Posten gegeben, auf denen Bischöfe den Kardinalstitel erhalten hätten. "Objektiv betrachtet hat dieses System den Papst allerdings bei seinen Ernennungen durchaus eingeschränkt, vor allem darin, Kardinäle aus verschiedenen kulturellen Hintergründen einzusetzen." Franziskus setze nun andere Schwerpunkte bei der Auswahl. "Manchmal hält er sich an diese traditionellen Auswahlkriterien, manchmal fügt er auch neue hinzu oder umgeht die Traditionen."

Im Fall des Madrider Erzbischofs José Cobo Cano sei Franziskus seiner Regel, Erzbischöfe aus europäischen Hauptstädten in den Kardinalsrang zu erheben, allerdings nicht treu geblieben. "Für Kirchenverhältnisse ist er auch noch ziemlich jung. Zum Konsistorium Ende September wird er 58 Jahre alt sein, damit könnte er für über 20 Jahre zum Kreis der Papstwähler zählen", so Faggioli. Auch viele andere der neuen Kardinäle seien relativ jung.

Am Sonntag hatte Papst Franziskus überraschend ein Konsistorium zur Ernennung von 21 neuen Kardinälen für den 30. September angekündigt. Darunter sind 18 Kandidaten, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und damit auch an einer Papstwahl teilnehmen dürften. (cbr)