Theologe: Papst-Kritik an Synodalem Weg zeugt von Missverständnis
Aus Sicht des Kirchenhistorikers und Theologieprofessors Massimo Faggioli ist die Kritik von Papst Franziskus, der Synodale Weg der Kirche in Deutschland sei elitär, von einem Missverständnis geprägt. "Von Beginn des Pontifikats von Franziskus an gab es die falsche Vorstellung, dass seine ständige Kritik an den klerikalen Eliten mit einer liberalen Ekklesiologie gleichzusetzen sei, die den Weg für eine demokratischere Kirchenführung ebnet", schreibt Faggioli, der Professor für Theologie und Religionswissenschaft an der Universität Villanova in den USA ist, in einem Beitrag für das US-Magazin "Commonweal" (Donnerstag).
Faggioli bezieht sich in seinem Text auf ein Interview von Papst Franziskus Ende Januar, in dem er den Synodalen Weg als "nicht hilfreich" bezeichnet hatte. Der Synodale Weg sei kein echter synodaler Weg, da er nicht das Volk Gottes als Ganzes beteilige, sondern "von einer Elite veranstaltet wird". Außerdem hebt der Theologieprofessor auf einen vom vatikanischen Staatsekretariat verschickten und von Franziskus approbierten Brief an die deutschen Bischöfe ab, in dem der Vatikan die Einrichtung synodaler Räte auf allen Ebenen der Kirche verboten hat. "Das Interview und der Brief spiegeln die anti-elitäre soziale, politische und ekklesiologische Kultur von Papst Franziskus wider", schreibt Faggioli.
Theologie habe im "deutschen Katholizismus einen Platz, den sie nirgendwo sonst hat"
Zuvor habe Franziskus bereits mehrfach sogenannte Eliten kritisiert. So habe Franziskus 2018 in einem Interviewbuch auf die Bedeutung der Verbindung zu einem realen und konkreten Volk Gottes hingewiesen. Ohne diese Verbindung könne eine Sünde entstehen, die "Satan, unser Feind, so sehr mag: die Sünde der Eliten … Die Eliten wissen nicht, was es heißt, unter dem Volk zu leben. Und wenn ich von Elite spreche, dann meine ich nicht eine soziale Klasse: Ich spreche von einer Haltung der Seele."
Die nun vorgebrachte Kritik des Papstes ist laut Faggioli aus drei Gründen bemerkenswert. "Wenn Franziskus die Synodenerfahrung als ein Projekt von Eliten bezeichnet und sie als von abgehobenen Intellektuellen gekapert abtut, verkennt er die Vertretung dieser Katholiken auf dem deutschen Synodalen Weg." Was auch immer man von den Vorschlägen halten möge, die teilweise schon bei der Würzburger Synode (1971-1975) geäußert worden seien, "die akademische Theologie hat im deutschen Katholizismus einen Platz, den sie nirgendwo sonst hat".
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Der Vorschlag eines Synodalen Rates auf Bundesebene, den Rom nun verbieten wolle, verstoße zudem nicht gegen das Kirchenrecht. Ironischerweise drehe die Kurie mit ihrem Widerstand gegen bestimmte Vorschläge des Synodalen Wegs die Ekklesiologie der Bischofskonferenzen um. Ohne Offenheit für neue Formen der Kirchenleitung wäre "die Synodalität nichts anderes als eine Farce und eine perfide Täuschung, um den Klerikalismus als oberstes Gesetz der katholischen Kirche zu bekräftigen, nur auf politisch korrekte Weise", zitiert Faggioli den italienischen Theologen Marcello Neri.
Ein zweiter auffälliger Punkt sei, dass Franziskus' Kritik ausblende, dass der Synodale Weg als Antwort auf den Missbrauchsskandal begonnen habe. Bei diesem gehe es um eine kirchliche und theologische Umkehr und nicht nur um ein neues Auftreten. "Es ist wichtig, dies in einem Moment festzuhalten, in dem einige in Rom und im Vatikan immer noch erstaunlich unfähig zu sein scheinen, die Missbrauchskrise zu verstehen, selbst jetzt, da sie mit dem Fall des Jesuiten Marko Rupnik das symbolische und administrative Zentrum der weltweiten katholischen Kirche berührt hat."
"Aber das ist Vergangenheit"
Zudem sei das Konstrukt "Elite gegen Volk" ungenau und zeige ein Verständnis aus dem späten 19. und 20. Jahrhundert, von einer Elite, die die ahnungslosen Massen in die Irre führt und umgarnt. "Wenn es heute jedoch etwas gibt, das in allen sozialen und politischen Institutionen, einschließlich der Kirchen, klar ist, dann ist es der Niedergang der kulturellen und intellektuellen Eliten." Tatsache sei dagegen, dass es keine etablierte Lehre zur Synodalität gebe. Es gebe nur eine gelebte und akademische Theologie der Synodalität und eine im Entstehen begriffene Lehre zur Synodalität, die während der Synode miteinander sprächen. "Die akademische Theologie ist ein Teil davon, aber einige in der klerikalen Hierarchie nehmen diese Tatsache eindeutig übel."
In der Vergangenheit habe eine pyramidales Verständnis des Katholizismus das Denken über Synoden bestimmt. "Aber das ist Vergangenheit", so Faggioli. Es gebe zwar einen Elitismus unter Theologen. "Aber wir können nicht so tun, als sei es dieser Elitismus, der die katholische Kirche immer noch beherrscht." (cbr)