Luigi Bettazzi: Der letzte Erstunterzeichner des "Katakombenpakts"
"Wie sehr wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen!" Dieser Ausruf aus den ersten Tagen der Amtszeit von Papst Franziskus hat viele aufgeschreckt. Eine arme Kirche? Bitte nicht! Immer wieder zielte der Papst aus Lateinamerika auf Pomp, Selbstzufriedenheit und Äußerlichkeiten, auf Klerikalismus und auf die Beschäftigung mit sich selbst. All das ist keineswegs neu – es steht in langer Tradition. Einer, der das besonders gut bezeugen konnte, ist jetzt gegangen.
Sein Bischofsstab war aus Eisen, der Ring an seiner rechten Hand aus Stahl, und wenn er mit "Exzellenz" angesprochen wurde, durchzuckte es ihn: Don Luigi Bettazzi war einer von 40 Bischöfen aus allen Erdteilen, die sich am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) feierlich zu einem einfachen Leben an der Seite der Armen verpflichteten. Dazu gehörte auch der Verzicht auf jeden Prunk und Würdetitel. Nun ist er im Alter von 99 Jahren gestorben – als der letzte Erstunterzeichner des sogenannten Katakombenpakts.
Teil der "kleinen Bischöfe"
Ein bisschen erinnerten seine Züge an Julius Cäsar aus den Asterix-Comics. Wenn der weißhaarige, schlanke Senior mit lebhafter Gestik vom Konzil erzählte, begannen die Falten in seinem Gesicht zu tanzen. Sich selbst attestierte Don Luigi bei der historischen Zusammenkunft in den römischen Domitilla-Katakomben am 16. November 1965 nur eine Nebenrolle. Er sei da als junger Weihbischof von Bologna eher zufällig hineingeraten, berichtete er 2015 bei einem Besuch in Deutschland.
Er habe zu einer Gruppe von 13 Männern gezählt, die sich "kleine Bischöfe" nannten und nach der Spiritualität des Wüsteneremiten Charles de Foucauld (1858-1916) lebten. Ohne persönliche Einladung sei er einfach zu dem Treffen mitgegangen. Ihrer Selbstverpflichtung schlossen sich später weitere 500 Bischöfe an. Sie enthält unter anderem das Bemühen, "so zu leben, wie die Menschen um uns her üblicherweise leben, im Hinblick auf Wohnung, Essen, Verkehrsmittel", sowie den Verzicht, "als Reiche zu erscheinen wie auch wirklich reich zu sein", insbesondere in Amtskleidung und Insignien.
Die letzten lebenden Konzilsväter – aus Tausenden wurden sechs
Bis heute prägt das Zweite Vatikanische Konzil die katholische Kirche. Doch Bischöfe, die daran teilgenommen haben, gibt es 60 Jahre nach der Eröffnung immer weniger – nur noch sechs Konzilsväter sind am Leben und können von der größten Bischofsversammlung der Kirchengeschichte erzählen.
Die Bischöfe kündigten an, die Finanz- und Vermögensverwaltung ihrer Diözesen in die Hände von Experten zu legen, "damit wir Hirten und Apostel statt Verwalter sein können". Und statt sie als Eminenz, Exzellenz oder Monsignore anzusprechen, sollte man sie schlicht "Padre" nennen. Ausdrücklich verpflichteten sie sich zum "Dienst an den wirtschaftlich Bedrängten, Benachteiligten und Unterentwickelten". Das Schreiben endete mit der Bitte: "Gott helfe uns, unseren Vorsätzen treu zu bleiben." Die Unterschriften wurden Papst Paul VI. übergeben.
Später habe sich das Ganze irgendwie verlaufen, bedauerte Bettazzi. "Es fehlte an jeder weiteren Organisation." Letztlich habe jeder für sich versucht, das Versprechen mit Leben zu füllen. Viele Bischöfe hätten nach dem Konzil auch weitergemacht wie vorher und gemeint, ihre Macht demonstrieren zu müssen. "Auch Papst Benedikt XVI. hat ja gedacht, er müsse feierlich daherkommen."
Viel hat sich seit 1965 nicht geändert
Bettazzi wurde 1968 Bischof im norditalienischen Ivrea. Als Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi setzte er sich gegen Rüstungsexporte und für Kriegsdienstverweigerer ein. Aufsehen erregte sein Briefwechsel mit dem führenden italienischen Kommunisten Enrico Berlinguer. 1978, noch zur Zeit des Kalten Krieges, wurde der Christdemokrat Aldo Moro von Linksterroristen entführt. Bettazzi wollte sich im Austausch gegen den persönlichen Freund Pauls VI. als Geisel anbieten; doch der Vatikan verbot es.
Viel hat sich seit dem Pakt von 1965 nicht geändert in der Welt. Diktaturen gibt es vielleicht weniger, dafür mehr Migration, Raubbau an der Natur und den Klimawandel. 2019, nach der Papst-Enzyklika "Laudato si", unterzeichneten mehr als 40 Bischöfe Amazoniens am historischen Ort von einst einen zweiten "Katakombenpakt für das gemeinsame Haus", um die Vorsätze von damals zu weiterzuführen.
Sie verpflichteten sich zum Schutz Amazoniens, zu respektvoller Verkündigung des Evangeliums, einer synodalen Kirche unter Beteiligung von Laien, vor allem Frauen, sowie zu einem nachhaltigen Lebensstil.