LGBTQI-Seelsorger: Queere Katholiken müssen Doppelleben führen
Laut dem Queerseelsorger des Bistums Passau müssen queere Katholiken in Kirche und Gesellschaft ein Doppelleben führen. "Zum einen müssen sie sich mehr oder weniger den queeren Gruppierungen gegenüber fast verstecken, wenn sie Kirchenangehörige sind, weil die Kirche sozusagen immer noch als Feindbild gilt. Und zum anderen müssen sie sich manchmal in den konservativen Gemeinden verstecken, in denen sie als queere Menschen irgendwie komisch angeschaut werden", sagte Hans-Peter Eggerl der Passauer Neuen Presse (PNP) am Samstag. Queere Katholiken hätten die Sorge sich auf beiden Seiten nicht zeigen zu können.
Eggerl sagte, dass es in Gemeinden Homophobie und Vorbehalte gebe. Bei queeren Menschen gebe es die Angst, dass sie denunziert würden und Nachteile haben könnten. Dann sei es seine Aufgabe für ein unvoreingenommenes Miteinander und die Bejahung queerer Menschen zu werben.
"Ist da was zu befürchten in Verbindung zum Jenseits?"
Eggerl ist seit 2021 Queerseelsorger der bayerischen Diözese. Seine Arbeit lasse sich in drei Bereiche einteilen, sagte er gegenüber der PNP. "Der erste Bereich ist die Weiterqualifizierung und das Sensibilisieren von Seelsorgern für das queere Thema." Ein weiteres Ziel sei es, Gemeinden auf dieses Thema einzustimmen, "denn queere Menschen sind Teil der Gemeinden und sollen sich auf alle Fälle dort auch beheimatet fühlen". Des Weiteren fällt in seine Zuständigkeit die Betreuung queerer Menschen und deren Angehöriger. Hauptsächlich habe er dabei mit Angehörigen zu tun. Sie kämen zu ihm , um zu erfahren, ob Queerness theologische Konsequenzen habe. "Gerade von Eltern oder der älteren Generation kommen häufiger Fragen wie 'Was heißt das jetzt, wenn mein Sohn in einer homosexuellen Beziehung ist, ist da was zu befürchten in Verbindung zum Jenseits?".
Eggerl habe im vergangenen Jahr mehrere queere Andachten im Bistum Passau angeboten. Doch "nahezu alle Veranstaltungen, die ich für die queere Gruppe geplant habe, sind mangels Teilnehmerzahl entfallen", sagte er. Einzelgespräche seien jedoch fruchtbar. Er hoffe, dass sich "in kleinen Schritten eine Interessensgruppe findet, die vielleicht Lust hat 'beseelsorgt' zu werden."
Er hoffe, dass die Kirche davon überzeugen könne, dass "uns der einzelne Mensch am Herzen liegt und dass das die oberste Priorität hat." Gerade in Staaten, die sich explizit gegen queere Menschen aussprächen, brauche es eine Weltkirche, die Anwalt dieser Menschen sei. "Da ist unsere große Chance, jetzt Farbe zu bekennen und zu sagen: 'Jede Art von Diskriminierung, jede Art von Anfeindung diesen Menschen gegenüber geht mit uns nicht. Das ist mit unserem christlichen Menschenbild nicht vereinbar.'" (ben)