Pastoral- und Gemeindereferenten fürchten weitere Kirchenaustritte

Berufsverband: Kölner Pfarrer-Abmahnung widerspricht liebendem Gott

Veröffentlicht am 09.08.2023 um 12:39 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Das Vorgehen gegen den Mettmanner Pfarrer Ullmann ist aus Sicht der Pastoral- und Gemeindereferenten im Erzbistum Köln ein weiterer Schritt in die tiefe Zerrüttung. Sie kritisieren die Maßnahmen – und verweisen auf jüngste Aussagen des Papstes.

  • Teilen:

Der Berufsverband der Pastoral- und Gemeindereferent:innen im Erzbistum Köln hat die Maßregelung für den Mettmanner leitenden Pfarrer Herbert Ullmann nach einem Segnungsgottesdienst kritisiert. "Paare, die sich im tiefen Vertrauen und großer Verantwortung füreinander entschieden haben, nicht segnen zu dürfen, widerspricht für uns dem christlichen Menschenbild und dem Bild eines Gottes, der die Menschen liebt", heißt es in einer Stellungnahme des Berufsverbandes vom Montag. "Es ist unmöglich, die Art und Weise des Liebens vom eigenen Person-Sein zu trennen. Wie soll ein Mensch glauben können, dass in dieser Kirche Platz ist für jede:n, wenn die Art des Liebens aber bitte draußen bleiben soll?"

Wegen eines von ihm und der Arbeitsgruppe "Regenbogenkirche für alle" im März veranstalteten "Segnungsgottesdienstes für alle sich liebenden Paare" war Ullmann von einer unbekannten Person im Vatikan angezeigt worden. Daraufhin war er von der Kölner Bistumsleitung verwarnt worden. Er respektiere die Auflagen und werde als Priester und Seelsorger "andere Wege finden, auch solche Menschen in Glaube und Kirchesein zu unterstützen, die ins 'lehramtliche Kreuzfeuer' geraten sind", schrieb der Pfarrer am Sonntag.

Vorgehen gieße ein "weiteres Mal Öl ins Feuer"

Das Vorgehen gegen Ullmann gieße ein "weiteres Mal Öl ins Feuer, ist ein weiterer Schritt in die ohnehin tiefe Zerrüttung der kath. Kirche und besonders auch in Köln", heißt es nun in der Stellungnahme des Berufsverbandes der Pastoral- und Gemeindereferent:innen im Erzbistum Köln. "Ein derart apodiktisches Durchsetzen von Regeln, die ein Angriff auf die Würde des Menschen sind, treibt, so fürchten wir, einmal mehr die Menschen aus der Kirche hinaus", schreiben die Pastoral- und Gemeindereferenten. "Es stößt gerade die Menschen vor den Kopf, die Hoffnung geschöpft haben, der Zusage wirklich glauben zu können, Kirche sei für sie in ihrem ganzen Dasein da."

Beim Weltjugendtag habe Papst Franziskus von einer Kirche gesprochen, die für alle da sei. "Es ist uns unbegreiflich, dass Msgr. Ullmann für den Segensgottesdienst im März gemaßregelt wurde, der sich genau dieser Zusage verpflichtet fühlt", heißt es in dem Schreiben. Die Aufdeckung von Missbrauch habe gezeigt, dass die "klerikale Männerkirche mit ihrer Machtzentrierung und ihrem Festhalten an der Definitionsmacht" dringenden Anlass hätte, ihre Haltungen kritisch zu reflektieren. "Das Durchsetzen von Anordnungen, die nicht im Einklang stehen mit den Menschenrechten ist eindeutig diskriminierend und ausgrenzend und steht im klaren Widerspruch zum Versprechen, die Kirche sei für alle Menschen da." Die Bibel lehre, dass der Mensch als Abbild Gottes geschaffen wurde. Dies schließe auch die sexuelle Identität mit ein. "Wir fragen: Was würde Jesus heute tun, wenn ein homosexuelles oder ein wiederverheiratetes Paar um den Segen bitten würde?", heißt es am Ende des Schreibens. "Sind wir nicht an unser am Wort Gottes orientierten Gewissen gebunden? Und müssen Kirchengesetze nicht immer wieder überprüft werden, ob sie neuen Erkenntnissen standhalten oder sorgsam verändert werden müssen? Wir meinen: Ja!"

Auch der Katholikenrat in Düsseldorf stellt sich in einem Offenen Brief an den Kölner Generalvikar Guido Assmann hinter Pfarrer Ullmann. Zugleich forderten die Laienvertreter in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben "eine andere Umgangsform in Kirche". "Wachsen können im Glauben und dies praktiziert in geschwisterlicher Haltung ist nichts Neues und scheint doch im Erzbistum Köln als gelebte Haltung so weit weg", heißt es in dem Brief. Und im Hinblick auf die anonyme Anzeige Ullmanns im Vatikan: "Denunzieren sollte nicht unser Handeln in der Kirche von Köln bestimmen. Empathie scheint nicht nur im sozialen Wandel, sondern auch im kirchlichen Wandel verloren zu gehen." Denunzierende Handlungen seien gerade deshalb so verdächtig, weil auf diejenigen gesetzt werde, "die meinen das Recht auf ihrer Seite zu haben".

Die Laienvertreter luden Assmann ein, sich gemeinsam konstruktiv für eine "menschlich handelnde und zu bewahrende christliche Einheit in der Vielfalt einzusetzen". Sie zeigten sich darüber hinaus "dankbar für jeden Priester, der für die Menschen da ist, der sensibel mit den Themen heutiger Zeit umgeht und nach bestem Gewissen Gottes Handlungen stellvertretend ausführt". Unterzeichnet wurde der auf Dienstag datierte Offene Brief vom Vorstand des Katholikenrates Düsseldorf, der Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates der Innenstadt-Pfarrei St. Lambertus und dem Vorstand des Düsseldorfer Stadtverbandes der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). (cbr)

09.08.23, 16.55 Uhr: Ergänzt um Offenen Brief des Katholikenrates Düsseldorf.