Sternberg: Bischöfe sollten Verheiratete zu Priestern weihen
Der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, hat die deutschen Bischöfe ermuntert, auch ohne Zustimmung aus Rom erprobte verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Er begrüßte am Dienstag auf "domradio.de" den Wunsch des Erzbischofs von Brisbane, Mark Coleridge, verheiratete Männer aus den Reihen der australischen Ureinwohner zu Priestern weihen zu dürfen, weil den Aborigines der Pflichtzölibat kulturell völlig fremd sei.
"Ich frage mich, warum nicht einfach drei, vier Bischöfe einmal den Mut haben, besonders ausgewählte gute Diakone, theologisch ausgebildet, alles sauber, geklärt und organisiert, einfach mal zu weihen?", fragte Sternberg. "Wenn sie das täten, was würde denn passieren? Welche Sanktionsmöglichkeiten hätte Rom dann? Ich würde mich freuen." Es gäbe jetzt die Chance für den Mut, Dinge zu tun und nicht darauf zu warten, "dass im Vatikan die Dinge wieder 50 Jahre lang einfach ausgesessen werden".
Seelsorgerische Notwendigkeiten
Sternberg begründete seinen Vorstoß mit seelsorgerischen Notwendigkeiten. "Es gibt unterschiedliche Wichtigkeiten in kirchlichen Dingen. Und ohne Frage ist die Sicherung der Eucharistiefeier für die Gläubigen wichtiger als die disziplinarische Frage nach der Lebensform der Priester", sagte der ehemalige ZdK- Präsident. "So wie ich den Vatikan und seine unglaublichen Beharrungskräfte und Borniertheiten einschätze, kommt man nur weiter, indem man vollendete Tatsachen schafft."
Sternberg verwies zudem darauf, dass die katholische Kirche schon heute verheiratete Priester mit Familie kenne – etwa übergetretene evangelische oder anglikanische Pfarrer. Er bezeichnete den Priestermangel in Deutschland als "extrem dramatisch". Seit 1990 sei die Zahl der Priesterweihen um rund 85 Prozent gesunken. Die Seelsorge werde derzeit noch durch den bewundernswerten Einsatz von teilweise sehr alten Priestern aus den riesengroßen Jahrgängen der 1960er-Jahre aufrechterhalten. "Das ist bewundernswert. Aber es ist natürlich absehbar, dass das bald zu Ende ist. Wir brauchen ganz dringend eine Veränderung." (KNA)