Für das Regime in Nicaragua ist Jesuiten-Uni "Zentrum des Terrorismus"
Als Journalisten des regierungskritischen Portals "La Prensa" am Mittwochmorgen durch die Gebäude der Zentralamerikanischen Universität (UCA) in Managua gingen, war das Gelände bereits verwaist. Angestellte räumten ihre Habseligkeiten zusammen, die Studentenschaft war nicht mehr erschienen. Kurz zuvor hatte das sandinistische Regime von Machthaber Daniel Ortega und seiner Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo die von Jesuiten getragene Universität geschlossen und ihre Vermögenswerte beschlagnahmt. Der Vorwurf: Die Hochschule sei ein "Zentrum des Terrorismus". Tatsächlich gingen von den Universitäten des Landes seit 2018 die Studentenproteste gegen massive Abholzung, für soziale Gerechtigkeit, indigene Rechte und Demokratie aus.
In einer Stellungnahme der Jesuiten von Mittwoch heißt es, die schwerwiegenden Anschuldigungen, das Vertrauen des nicaraguanischen Volkes verraten und gegen die verfassungsmäßige Ordnung, die Rechtsordnung und die für die Hochschuleinrichtungen des Landes geltende Ordnung verstoßen zu haben, seien völlig falsch und unbegründet: "Die faktische Enteignung der UCA ist der Preis für die Suche nach einer gerechteren Gesellschaft, für den Schutz des Lebens, der Wahrheit und der Freiheit des nicaraguanischen Volkes."
Kein Einzelfall
Die prestigeträchtige Lehr- und Forschungsarbeit, die die Universität in den 63 Jahren ihres Bestehens geleistet habe, sei national und international anerkannt und stehe in Einklang mit der Bildungstradition der Gesellschaft Jesu und den Leitlinien der katholischen Kirche. "Diese neue Aggression der Regierung gegen die Universität ist kein Einzelfall; sie ist Teil einer Reihe von ungerechtfertigten Angriffen gegen die nicaraguanische Bevölkerung und andere Bildungs- und soziale Einrichtungen der Zivilgesellschaft, die ein Klima der Gewalt und Unsicherheit schaffen und die soziopolitische Krise im Land verschärfen", schreiben die Jesuiten weiter.
Seit April 2018 sei die UCA wegen ihrer Haltung ständigen Schikanen durch nicaraguanische Regierungsinstitutionen ausgesetzt: "Es handelt sich um eine Regierungspolitik, die systematisch gegen die Menschenrechte verstößt und offensichtlich auf die Konsolidierung eines totalitären Staates abzielt." Die Jesuiten forderten die Regierung auf, "die drastische, unerwartete und ungerechte Maßnahme der Justizbehörde unverzüglich rückgängig zu machen und zu korrigieren."
Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Felix Maradiaga, der nach einem Gefängnisaufenthalt wie andere Oppositionspolitiker von der Ortega-Regierung in die USA zwangsausgebürgert wurde, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Es ist von entscheidender Bedeutung, internationale Unterstützung für die Zentralamerikanische Universität in Nicaragua zu mobilisieren. Wir brauchen die Stimme der Welt, um diese wertvolle Institution zu verteidigen und die ungerechtfertigten Angriffe der Ortega-Murillo-Diktatur zurückzuweisen."
Nicaraguas Kirche, NGOs und unabhängige Medien kritisierten immer wieder in scharfer Form die Menschenrechtsverletzungen der Regierung. Inzwischen sind Hunderte Organisationen verboten worden. Seit Jahren lässt die Regierung des linksgerichteten Präsidentenpaares Ortega/Murillo auch kirchliche Einrichtungen und Universitäten schließen und geht gezielt gegen Kirchenvertreter vor. Insgesamt wurden zuletzt sieben Geistliche verhaftet und teilweise verurteilt, darunter auch Bischof Rolando Alvarez, der für 26 Jahre ins Gefängnis soll.
Derzeit deutet nichts auf ein versöhnliches Ende der innenpolitischen Spaltung Nicaraguas, die in der Vergangenheit bereits Hunderte Tote bei Ausschreitungen gefordert hat. Die Ortega-Regierung weist die Vorwürfe pauschal als politische Kampagne zurück.