Raumvermietung für Jebsen-Vortrag: Kolpingsfamilie distanziert sich
Die Kolpingsfamilie Bensheim ist nach der Vermietung ihrer Räumlichkeiten für einen Vortrag des Verschwörungs-Aktivisten Ken Jebsen auf Distanz zu extremistischen Positionen gegangen, will den entsprechenden Vertrag allerdings nicht kündigen. In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme heißt es, man distanziere sich ausdrücklich von den "Inhalten externer Veranstalter", insbesondere dann, "wenn demokratiefeindliches, rassistisches oder antisemitisches Gedankengut geäußert wird". Gleichzeitig erklärte die Kolpingsfamilie, dass eine Kündigung des Vertrags, der rechtmäßig zustande gekommen sei, Regressanforderungen des Vertragspartners zur Folge haben könnte. Deshalb werde man die Einnahmen aus der Vermietung, die sich auf 350 Euro beliefen, auf 500 Euro aufstocken und einem sozialen Zweck zukommen lassen, der sich für die demokratische Bildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen einsetze.
Das Engagement der Kolpingsfamilie fuße auf christlichen Werten wie Toleranz, solidarischem Miteinander und Förderung der Gemeinschaft, heißt es weiter. "Umso bedauerlicher ist es, dass uns bei der Vermietung unserer Räumlichkeiten weder die Dimension noch die Inhalte dessen bewusst waren, was externe Dritte am heutigen Mittwoch vermitteln wollen." Künftig werde man "selbstverständlich" jede Mietanfrage sehr sensibel prüfen.
Appell von Diözesan- und Bundesverband
Die "Hessenschau" hatte am Dienstag berichtet, dass Jebsen an diesem Mittwochabend in den Räumen der Kolpingsfamilie Bensheim (Bergstraße) einen Vortrag halten werde. Ein Vorstandsmitglied des hessischen Landesverbands der Partei "Die Basis", die der "Querdenker"-Bewegung nahesteht, habe den großen Saal des Kolpinghauses in der Stadt angemietet. Jebsen trat vor allem während der Hochphase der Corona-Pandemie als Verbeiter von Verschwörungserzählungen öffentlich in Erscheinung. Zuletzt legte er seinen Künstlernamen ab und ist derzeit unter seinem bürgerlichen Namen Kayvan Soufi-Siavash mit einer Vortragsreise durch Deutschland unterwegs.
Der Vorsitzende der Bensheimer Kolpingsfamilie hatte zunächst gegenüber mehreren Medien erklärt, dass er keine Überprüfung der Vermietungsanfrage durchgeführt habe. Zudem habe er weder den Redner gekannt noch seien ihm die Positionen der "Basis" bewusst gewesen. Doch für jeden, der "ordentlich" und ohne Gewalt auftrete, gelte Meinungsfreiheit. Der Kolpingverband im Bistum Mainz reagierte mit Entsetzen auf den Bericht und appellierte an die Verantwortlichen der Bensheimer Kolpingsfamilie, "sich des Ausmaßes der Vermietung für den gesamten Verband bewusst zu sein". Auch der Kolping-Bundesverband betonte in einer Mitteilung, dass man die Überlassung oder Vermietung von Räumen in verbandlichen Einrichtungen an "sogenannte 'Querdenker' und Corona-Leugner" vehement ablehne. "In unserer Mitte haben weder politischer noch religiöser Extremismus Platz." Man rufe daher die verantwortlichen Kolping-Einrichtungen auf, bereits geschlossene Verträge umgehend aufzulösen. (mal)