Die Geschichte von Marco und Francesco Benini

Priesterbrüder: Seit der Jugend verging für uns kein Tag ohne Messe

Veröffentlicht am 11.09.2023 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Bonn ‐ Marco und Francesco Benini sind Brüder – und beide Priester. Der eine wirkt als Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Trier, der andere als Gemeindepfarrer in Berching im Bistum Eichstätt. Das ist ihre Geschichte.

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"Tutti e due siamo preti", erzählen Francesco und Marco Benini lachend am Telefon, denn die beiden Brüder sind Priester. Weil die Familie ursprünglich aus Italien kommt, reden sie auch gerne italienisch miteinander. Vor allem wenn sie zu Hause in Ingolstadt sind. Dort nehmen sie sich Zeit für ein Gespräch.  

Eigentlich sind es drei Brüder. Giovanni, Francesco und Marco, der Jüngste. Die beiden Älteren sind in Bologna geboren, die Familie lebte dort bis 1980. Dann erhält der Vater eine Stelle bei dem Autohersteller Audi in Ingolstadt. Marco Benini wird 1982 dort geboren. Die Familie ist bodenständig, auch in ihrem Glaubensleben. Dazu gehörten schon in der Kindheit die regelmäßigen Besuche der Gottesdienste, das Gebet in der Familie, die Beichte und das Aufbauen der Krippe im Advent. "Es war alles so selbstverständlich für uns und einfach eine Freude", erinnern sich Francesco und Marco.  

Von Seiten der Eltern verspüren die Geschwister keinen Druck, als es um deren Berufswahl geht. Der älteste Bruder Giovanni studiert Physik, heiratet und betreibt eine Unternehmensberatung. Francesco hingegen verspürt früh seine Liebe zum Herrn. "Der Herrgott will und braucht mich", sagt er. Wie seine beiden anderen Brüder ministriert er nach der Erstkommunion im Gottesdienst und verrichtet seinen Dienst am Altar überaus gerne. Seine Mutter habe ihn einmal sogar gefragt, ob er lieber in der Sakristei übernachten möchte statt zu Hause, lacht er. Der 48-Jährige weiß auch noch, dass sich damals ein Ruhestandsgeistlicher um die älteren Messdiener gekümmert hat. "Fast wie ein geistlicher Coach", so Francesco. Dieser Seelsorger habe ihn immer wieder dazu ermutigt, sich mit seinem Glaubensleben auseinanderzusetzen und mit seiner Berufung. Francesco wurde damals sehr aktiv in der Gemeinde: Er ist Lektor, Jugendleiter, BDKJ-Dekanatsvorstand und sogar Aushilfsküster. Dann nimmt er, mit 17, an Exerzitien teil. Damals fängt er an, täglich zur Messe zu gehen. Er nimmt das Theologiestudium in Eichstätt auf und wird 2001 im Eichstätter Dom zum Priester geweiht. "Es gibt halt nichts Schöneres, als jeden Tag mit der Zusage Gottes zu starten: Ich bin mit dir", meint der Geistliche. Francesco fühlt sich angekommen. 

Bild: ©privat

Die Priesterbrüder Francesco (links) und Marco Benini zu Hause im Garten in Ingolstadt.

Marco hingegen, der um sieben Jahre jünger ist als Francesco, ringt länger um seine Berufung. Genauso wie sein ältester Bruder Giovanni war er als Schüler gut in Mathematik und Physik, gewinnt sogar einige Preise. "Er war Einser-Schüler", verrät Francesco nicht ohne Stolz. Damals überlegt Marco, ob er nicht auch in die naturwissenschaftliche Forschung gehen sollte, wie sein ältester Bruder. "Alle sahen mich auch in diesem Beruf", sagt der 41-Jährige heute. Doch gleichzeitig verspürt er einen Ruf Gottes, wie er es beschreibt. Schon seit der Firmung ist er als Ministrant täglich bei der heiligen Messe. Marco Benini lässt die Entscheidung damals daher offen, weil er sich ehrlich prüfen will und stellt sich der Frage: "Wo spüre ich die größere Freude?" Damals wird ihm klar: "Auf Mathe kann ich leicht verzichten, aber nicht auf Jesus und die Kirche."

"Es hat sich halt so ergeben"

Während sein älterer Bruder Francesco schon Priester ist, wird sein anderer Bruder Giovanni das erste Mal Vater. Marco spürt, wie schön das Leben mit einer Familie sein könnte und setzt dennoch das Theologiestudium in Eichstätt und in Rom fort. Nach dem Studium wird er 2008 in Eichstätt zum Priester geweiht, geht nach Neumarkt in die Kirchengemeinde als Kaplan und Dekanatsjugendseelsorger und beginnt das Doktoratsstudium der Theologie. Gleichzeitig betreut er eine kleine Pfarrei als Seelsorger. Dann erhält Marco Benini seine erste Stelle als "visiting professor" an der Catholic University of America in Washington. "Es war eine glückliche Fügung Gottes", sagt er im Rückblick. Den Dekan der Universität von Washington hat er zufällig bei einem Vortrag kennen gelernt. Dort habe ihm dieser dann von einer freien Stelle an der amerikanischen Universität erzählt. Dankbar, dass auch sein Bischof diesen Weg unterstützt hat, bleibt Marco für sechs Semester im Ausland, bis er eine Vertretungsprofessur an der Universität Augsburg und dann als ordentlicher Professor den Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft in Trier übernimmt. Eine Habilitation und Unilaufbahn hatte er ursprünglich nicht im Blick. "Es hat sich halt so ergeben", meint Marco Benini.   

Ob so eine akademische Karriere nicht auch etwas für seinen älteren Bruder Francesco gewesen wäre? Der wimmelt ab: "Ich komme aus der Pfarrei und bleibe dort." Nach seiner Kaplanszeit in Nürnberg und Pleinfeld war Francesco 2004 Kurat bei den Sank-Georgs-Pfadfindern und Pfarradministrator in Walting bei Eichstätt. 2009 hat er die Leitung der fränkischen Heilig-Geist-Pfarrei Wassertrüdingen übernommen. Seit 2011 war der Geistliche auch Stellvertretender Dekan in Herrieden. Es erfülle ihn einfach sehr, für die Menschen in der Gemeinde da zu sein, betont der Seelsorger am Telefon, als er seine beruflichen Stationen aufzählt. Kinder zu taufen, Menschen in der Trauer zu begleiten, die Sakramente mit ihnen zu feiern, genau deshalb sei er Pfarrer geworden, betont er.

Bild: ©Philipp Lürken

Marco Benini ist Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität in Trier geworden. Hier im Ingolstädter Mariendom feiert er noch ab und zu die Messe und hält die Predigt.

An der Einsamkeit in seinem Pfarrhaus in Wassertrüdingen hat Francesco Benini erst gelitten, sagt er. Seit Jahren ist er in einem Freundeskreis von mehreren Priestern, die sich freundschaftlich treffen, Papsttexte lesen und sich darüber austauschen, miteinander beten und Gottesdienst feiern. Das tue ihm gut, sagt Francesco. Er weiß auch, dass die Kirchen immer leerer werden, die Gottesdienstbesucherzahlen zurückgehen. Einmal habe er eine Werktagsmesse ganz allein gefeiert, selbst die Küsterin war damals krank, erinnert er sich. Das habe ihn schon getroffen, meint der Geistliche. "Es war einfach keiner da."

"Das war schlimm"

Trotzdem hat Francesco Benini damals die heilige Messe gehalten in der Hoffnung, dass noch jemand komme. "In Gottes Namen", fügt er hinzu. Während dieser einsamen Messe hat er sich mehrmals gefragt, ob es sinnvoll ist, was er da tut. Da kam ihm der Gedanke: "Machst du das, weil du Erfolg siehst, oder bin ich dir genug?" Der Herr habe ihn so getröstet, meint er. "Diese Zweisamkeit mit Gott", habe ihn erfüllt. Diese Erfahrung nimmt er 2020 auch an seine neue Stelle in Berching mit. "Ich bin glücklich und dankbar für die vielen Menschen und Aufgaben, die mir als Pfarrer von sechs Pfarreien anvertraut sind." Weil er auch Notfallseelsorger ist, wird er immer wieder in bedrückende Situationen gerufen, erzählt er. Einmal hat er nach einem schlimmen Verkehrsunfall drei toten jungen Männern die Hände aufgelegt. "Das war schlimm", erinnert er sich. Aber er habe für die drei gebetet. Das habe ihn getragen. Menschen im Leid beizustehen, erlebe er als schwer und erfüllend zugleich, sagt Francesco.   

Auch Marco Benini hat die Seelsorge vor Ort bei den Menschen seit seiner Kaplans- und Studienzeit nicht aus den Augen verloren. Der Liturgiewissenschaftler hilft regelmäßig in Pfarreien in Trier aus und feiert etwa in einem Altenheim einer Schwesterngemeinschaft Gottesdienste. "Jeden Tag", ergänzt er. Genauso wie sein Bruder. Das sei alles gut machbar, neben seiner Stelle an der Universität und seiner Stelle am Deutschen Liturgischen Institut, erklärt Marco, der in Trier in einer Mietwohnung wohnt. Dort zu wohnen war anfangs etwas ungewohnt für ihn, weil er zuvor meist im Pfarrhaus oder in Washington in einer priesterlichen Wohngemeinschaft gelebt hatte. Doch, so der Liturgieprofessor, er genieße diese Freiheit. Erst kürzlich ist er dem örtlichen Tischtennisverein beigetreten.

Beide Brüder sind Priester und beide sind auch Onkel von den beiden Kindern ihres ältesten Bruders. Francesco hat seinen Neffen und seine Nichte selbst getauft. Und Marco ist deren Taufpate. "Das war selbstverständlich für uns", freuen sich die beiden. Ihren Eltern sind die beiden Priester bis heute sehr dankbar. Für ihren Glauben. Und sie denken auch an ihre Großtante, die als Karmelitin in einer Ordensgemeinschaft lebte. "Die hat auch immer für uns gebetet", bemerkt Marco. Zweifel an ihrer Berufung hatten die beiden Brüder bislang keine verspürt. Für sie ist die Freude am Glauben die Kraft, aus der sie gerne Priester sind. 

Von Madeleine Spendier