Kuriose Bistumsgrenzen in Deutschland – Teil 2: Getrennte Gebiete
Wenn man sich eine detaillierte Karte mit allen 27 deutschen (Erz-)Diözesen ansieht, fällt neben "geteilten" Städten eine weitere Besonderheit auf: Manche Bistümer haben kein zusammenhängendes Bistumsgebiet, sondern größere voneinander abgetrennte Flächen. Andere haben Exklaven, die vollständig von anderen Bistümern umschlossen sind. Im zweiten Teil der kleinen Reihe zu kuriosen Bistumsgrenzen stellt katholisch.de diese speziellen Fälle vor.
Bistum Münster und Offizialat Vechta
Geht es um voneinander abgetrennte Flächen eines Bistums, kommt man am Bistum Münster nicht vorbei. Im Süden befindet sich der nordrhein-westfälische Teil mit Gebieten in Westfalen und am Niederrhein – mittendrin die Bischofsstadt Münster. Im Norden liegt davon abgetrennt der niedersächsische Teil der Diözese, der vom Höhenzug der Dammer Berge bis hinauf zur Nordseeinsel Wangerooge reicht. Dieser Nordteil ist der "Offizialatsbezirk Oldenburg" mit Sitz in Vechta. Das Gebiet ist nicht nur territorial vom Rest des Bistums getrennt, sondern wird auch getrennt verwaltet. Es hat einen eigenen Offizial, der zugleich Weihbischof im Bistum Münster ist.
Die Ursprünge des Offizialats Vechta liegen in der Zeit der Säkularisation. 1803 wurde das ehemalige Fürstbistum Münster aufgelöst. Als infolge des Wiener Kongresses (1814-1815) die Kirchenlandschaft in Deutschland neu strukturiert wurde, wurde das Gebiet des Herzogtums Oldenburg dem Bistum Münster zugeschlagen. Der protestantische Großherzog von Oldenburg sah es jedoch gar nicht gern, dass der katholische Bischof von Münster als "Ausländer" eine geistliche Oberhoheit über seinen Herrschaftsbereich innehaben sollte. Ideen für ein eigenes Bistum Oldenburg ließen sich nicht durchsetzen. Stattdessen wurde nach langen Verhandlungen mit einem Gesandten des Papstes das Amt des Bischöflichen Offizials errichtet. Diese Sonderregelung wurde in den 1960er Jahren bestätigt – und ist in Deutschland heute einmalig.
Bistum Mainz
Mainz ist das andere deutsche Bistum, das aus zwei größeren nicht zusammenhängenden Flächen besteht. Grob gesagt besteht es aus den Regionen Oberhessen (um Gießen) und abgetrennt davon die Regionen Starkenburg (um Offenbach und Darmstadt) und Rheinhessen, eben mit Mainz. Dass das einst stolze Erzbistum, dessen Anfänge vermutlich in der Spätantike liegen und das Zentrum der größten Kirchenprovinz der lateinischen Kirche war, nun aufgespalten ist, hat ebenfalls mit der Säkularisation in der napoleonischen Zeit zu tun.
Mainz wurde zunächst ein Teil Frankreichs, das Bistum rang um seine Neuorganisation. Nach Napoleons Sturz und dem Wiener Kongress war das alles hinfällig: Mainz wurde mit ganz Rheinhessen Teil des Großherzogtums Hessen-Darmstadt. 1821 wurde das Bistum Mainz schließlich neu errichtet, sein Gebiet entsprach dem des Großherzogtums, dessen Fläche ebenfalls aus zwei voneinander abgetrennten Gebieten bestand. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Somit liegt das Bistum Mainz heute zum Teil in den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz. Getrennt werden die beidem Bistumsteile von Frankfurt, dass größtenteils im Bistum Limburg liegt.
Mainzer Exklave Bad Wimpfen
Wer vom Bistum Mainz spricht, darf aber auch eine kleine Exklave nicht vergessen: Bad Wimpfen. Die Kurstadt am Neckar liegt im Landkreis Heilbronn und gehört politisch somit zu Baden-Württemberg, kirchlich jedoch zur Diözese Mainz. Die einfache Erklärung für diesen Umstand: Bad Wimpfen war eine Exklave des ehemaligen Großherzogtums Hessen-Darmstadt. Da sich dessen Fläche mit dem des Bistums Mainz deckt, ist Bad Wimpfen nach wie vor Teil des Bistums Mainz.
Kleine Enklaven in den Diözesen Baden-Württembergs
Schaut man sich die Flächen beiden baden-württembergischen (Erz-)Diözesen Freiburg und Rottenburg-Stuttgart genau an, fällt auf, dass beide mehrere Exklaven in der jeweils anderen haben. Auch das hat historisch-politische Gründe: Das Bistum Rottenburg-Stuttgart wurde im 19. Jahrhundert auf dem Gebiet des Königreichs Württemberg gebildet, das Erzbistum Freiburg aus dem Großherzogtum Baden und den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen. Württemberg verfügte über eine Exklave auf dem Gebiet von Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen; Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen über Exklaven auf dem Gebiet von Württemberg. Diese kamen in die entsprechende Diözese.
Trierische Insel
Umgeben von den Erzbistümern Paderborn und Köln sowie dem Bistum Limburg, gibt es im westerwäldischen Landkreis Altenkirchen (Rheinland-Pfalz) ein Gebiet, das zum Bistum Trier gehört: Der Pastorale Raum Betzdorf, einst das Dekanat Kirchen. Im Volksmund heißt die Gegend wegen ihrer Lage "Trierische Insel".
Wie kam es zu dieser Besonderheit? Grund dafür sind einerseits die Folgen der Reformation, andererseits Verwaltungsreformen sowie die Gebietsaufteilung der ehemaligen Erzdiözese Trier. Das einstige Erzbistum war ursprünglich ein zusammenhängendes Gebiet, das sich bis zum Westerwald und zum Taunus erstreckte. Urkundlich erwähnt wird die Zugehörigkeit zumindest eines Teils des heutigen Pastoralen Raums Betzdorf zum Erzbistum Trier erstmals Anfang des 10. Jahrhunderts. Nach der Reformation wechselten die dortigen Fürsten immer wieder den Glauben – und mit ihnen die Bevölkerung ("Cuius regio, eius religio."). Schließlich wurde der Erzbischof von Trier wieder Landesherr; somit wurden die Ortschaften zu einer von protestantischen Gebieten umgebenen Insel. Nach der Neuumschreibung 1821, bei der aus dem Erzbistum ein Bistum würde, schlug man sie der neuen Diözese Trier zu.
Ostheim vor der Röhn
Das Bistum Würzburg kümmert sich um ein Gebiet, das offiziell gar nicht ihm gehört. Dabei handelt es sich um die Kuratie Ostheim vor der Röhn im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld – ein aus historischen Gründen einst thüringischer Ort, der als Exklave 1920 zum damals neu gegründeten Land Thüringen kam und wie damalige Teile Thüringens zum Bistum Fulda gehörte. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Ostheim politisch zu Bayern, blieb kirchlich aber bei Fulda. Schon seit 1945 ist jedoch das Bistum Würzburg für die Seelsorge der dortigen Katholiken zuständig.
Schlehdorf
Auch ein kleiner Teil vom Erzbistum München und Freising ist vollständig von einer anderen Diözese umgeben, und zwar dem Bistum Augsburg: die Exklave Schlehdorf am Kochelsee. In Schlehdorf wurde bereits Ende des ersten Jahrhunderts ein Kloster gegründet. Es war eine Gründung der Benediktiner und soll von Bonifatius selbst geweiht worden sein. Die Wahl des Schlehdorfer Abts Atto zum Bischof von Freising (reg. 783-811) führte dazu, dass die Abtei fortan als Eigenkloster dem jeweiligen Freisinger Bischof gehörte. Nach der Zerstörung wurde es 1140 von Bischof Otto I. von Freising als Augustinerchorherrenstift wieder gegründet. 1803 wurde es im Zuge der Säkularisation aufgelöst – doch das Gebiet blieb beim 1821 neu umschriebenen Erzbistum München und Freising.