Liminski kritisiert Selbstrechtfertigungsmodus der Kirche

Theologin Knop würdigt Alt-Katholiken als "cool und ernsthaft"

Veröffentlicht am 02.09.2023 um 11:03 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Seit 150 Jahren gibt es Alt-Katholiken in Deutschland. Zum Jubiläum sprach die römisch-katholische Dogmatikerin Julia Knop würdigende Worte. Die Frage nach der Zukunft des Christlichen betreffe jedoch auch die Alt-Katholiken.

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Als "cool und entspannt und ernsthaft katholisch" hat die Theologin Julia Knop die alt-katholische Kirche gewürdigt. Sie zeige, dass zukunftsfähiger Katholizismus nicht von oben nach unten geschehe, sagte die römisch-katholische Professorin am Freitagabend in Bonn beim Festakt zum 150-Jahr-Jubiläum der Alt-Katholiken in Deutschland.

Die alt-katholischen Kirchen entstanden Ende des 19. Jahrhunderts durch Abspaltungen von der römisch-katholischen Kirche. Dies geschah aus Protest gegen wesentliche Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70). Dort wurde die päpstliche Unfehlbarkeit in Fragen von Glauben und Sitte verkündet und die oberste Leitungsgewalt des Papstes in der Kirche festgeschrieben.

"Es bleibt eine Kirchenflucht"

"Es ist ein starkes Zeichen, dass Sie auf 150 Jahre Katholizismus zurückblicken können, der sich nicht in den eigenen Widersprüchen verhakt", so Knop. Die Frage nach der Zukunft des Christlichen betreffe jedoch auch die Alt-Katholiken. Nur die wenigsten, die aus der römisch-katholischen Kirche austräten, suchten Zuflucht bei den Alt-Katholiken: "Es bleibt eine Kirchenflucht."

Sie zweifele nicht daran, dass das Christentum Zukunft habe – allerdings erhielten kirchlich etablierte Formate immer weniger Zuspruch, sagte die Erfurter Professorin. Gerade junge Menschen überzeuge die Idee der Konfession nicht mehr. Sie solidarisierten sich stattdessen mit verdrängten und marginalisierten Formen des Christlichen. Künftig werde es elementar wichtig sein, Räume offenzuhalten, wo Menschen im Glauben wachsen könnten und konfessionelle Grenzen nicht wichtig seien.

Bild: ©picture alliance/dpa | Marius Becker

"Kirche ist nur noch im Selbstrechtfertigungsmodus und nicht mehr im Sendungsmodus", kritisierte der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU).

Die Alt-Katholiken begingen ihren Geburtstag nicht mit einem rückwärtsgewandten Blick, sagte Bischof Matthias Ring. Sie wollten sich mit den Herausforderungen befassen, vor denen sie angesichts einer dramatischen Entwicklung von Glaube und Kirche stünden.

Auch der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), blickte besorgt auf die Situation der Kirchen in Deutschland. Sie brächen als Vermittler von Werten und Stifter von Gemeinsinn weg – das zeige insbesondere das Erzbistum Köln. "Kirche ist nur noch im Selbstrechtfertigungsmodus und nicht mehr im Sendungsmodus", so der Minister.

Rund 15.400 Alt-Katholiken in Deutschland

Seit Gründung des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland im Jahr 1873 ist Bonn Bischofssitz. In Deutschland gibt es rund 15.400 Alt-Katholiken, verteilt auf etwa 100 Gemeinden. Der Bischof wird von einem Kirchenparlament gewählt. Anders als in der römisch-katholischen Kirche dürfen alt-katholische Priester heiraten; zudem sind seit 1994 auch Frauen zum Priesteramt zugelassen.

International zusammengeschlossen sind die Alt-Katholiken in der 1889 gegründeten Utrechter Union. Aktuell gehören diesem Bündnis Kirchen aus den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen mit insgesamt etwa 70.000 Mitgliedern an. Die erste Bischöfin der Utrechter Union, Maria Kubin, wurde in diesem Jahr in Wien geweiht. (KNA)