Standpunkt

Wieder kirchliche Präsenz zeigen – Wir sollten stellvertretend glauben

Veröffentlicht am 06.09.2023 um 00:01 Uhr – Von Dominik Blum – Lesedauer: 

Bonn ‐ Weniger Gläubige, abgespeckte Gottesdienste, seltenere christliche Positionen: Die Kirche verliert ihren gesellschaftlichen Stellenwert. Dominik Blum will zeigen: Die Christen sind noch da – indem sie überall stellvertretend wirken sollen.

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Immer weniger Menschen hierzulande bekennen sich zum christlichen Glauben. Gläubige stehen oft bis in die eigene Familie allein da. In großen Seelsorge-Einheiten mit immer weniger pastoralem Personal ist die Kirche mit ihren Grundvollzügen nicht mehr überall präsent. Da gibt es manchmal sonntags nur einen Wortgottesdienst statt einer Eucharistiefeier. Und in die zunehmend komplexer werdenden gesellschaftlichen Diskurse können christliche Positionen mangels Expertise oder kommunikativer Reichweite immer seltener wirkungsvoll eingebracht werden.

Ich möchte hier das Prinzip der Stellvertretung als pastorale Reaktion und existenzielle Haltung vorschlagen. Das bedeutet: Es wird in Zukunft nur noch möglich – aber auch hinreichend – sein, stellvertretend zu glauben, stellvertretend präsent zu sein, stellvertretend für andere Themen dieses oder jenes zu diskutieren.

Wenn ich sonntags allein zum Gottesdienst gehe, verspreche ich den anderen: "Ich bete für euch mit." Das meint nicht dasselbe wie: "Ich bete für euch." Das tue ich sowieso. Und das würde ich auch tun, wenn die anderen dabei sind. Ich bete für euch mit, das bedeutet: Ich bete auch an eurer Stelle, weil ihr es nicht könnt oder wollt.

Wenn sonntags nicht in jeder Kirche einer großen pastoralen Einheit die Eucharistie gefeiert werden kann, dann findet sie, wo sie gefeiert wird, stellvertretend für die anderen Orte statt. Sie "gilt" dann für alle, die nicht dabei sein können, wenn die Mitfeiernden tatsächlich auch für die anderen feiern. Wir werden in Zukunft auch mit kirchlichen Grundvollzügen nur stellvertretend präsent sein können.

Zu ausgewählten gesellschaftlichen Fragen schließlich können sich die Kirche in Zukunft exemplarisch äußern – stellvertretend für andere Themen, die sie nicht bearbeiten können. Und stellvertretend für alle, die in diesem Zusammenhang keine Stimme haben.

Stellvertretend glauben und kirchlich präsent sein, das ist die Haltung und die Wirklichkeit, Zeichen und Werkzeug für die Verbindung mit Gottes Heil und den Menschen zu sein (vgl. Lumen Gentium 1). Mehr können die Christgläubigen in Zukunft wohl nicht leisten. Mit weniger sollten sie allerdings nicht zufrieden sein.

Von Dominik Blum

Der Autor

Dominik Blum ist Pastoraler Koordinator in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.