Lintner: Vatikan denkt über Änderung des "Nihil obstat"-Verfahrens nach
Der Brixener Moraltheologe Martin Lintner hat Änderungen im "Nihil obstat"-Verfahren des Vatikan angedeutet. "Ich wurde darüber informiert, dass der Vatikan ernsthaft darüber nachdenkt, die Verfahren für die Gewährung von Nihil obstat zu erneuern und dem Ortsbischof mehr Gewicht zu geben", sagte Lintner dem US-amerikanischen "America Magazine" (Montag).
Im Juni hatte die Philosophisch-Theologische Hochschule (PTH) Brixen mitgeteilt, dass das vatikanische Bildungsdikasterium der Wahl Lintners zum Dekan die dafür notwendige Unbedenklichkeitserklärung verweigert hatte. Als Grund dafür wurden die Publikationen Lintners zu Fragen der katholischen Sexualmoral genannt. Gegen diese Entscheidung protestierten mehrere Theologenvereinigungen. Auch das Professorenkollegium der PTH Brixen stelle sich hinter ihren Kollegen. Auf eine formelle Berufung gegen die Entscheidung des Vatikan verzichtete Lintner.
"Es ist ein Zeichen des Misstrauens in die Führung und Katholizität eines Bischofs"
Es sei notwendig zu klären, warum ein "Nihil obstat" für ein Amt wie das des Dekans erforderlich sei, betonte Lintner nun. "Was ist der Unterschied zwischen einem Nihil obstat für die Lehre und einem für ein Verwaltungsamt?", fragte der Theologe. Das Verfahren brauche "Transparenz, Dialogbereitschaft und geregelte Fristen", ebenso müsste die Autorität von Bischöfen und theologischen Institutionen anerkannt werden. "Wenn eine Person vom Hochschulrat gewählt und vom Ortsbischof bestätigt wird, warum sollte sich der Vatikan dann Sorgen machen?", so Lintner. "Es ist ein Zeichen des Misstrauens in die Führung und Katholizität eines Bischofs, einer theologischen Institution und der betreffenden Person." Im Hintergrund des Konflikts stehe die Beziehung zwischen Lehramt und Theologie. "Hier wäre meines Erachtens zu klären, inwieweit die gebotene Freiheit der theologischen Forschung vom Lehramt akzeptiert werden muss."
In der Ernennung des designierten Kardinals Victor Manuel Fernández zum Präfekten des Glaubensdikasteriums sieht Lintner ein "Zeichen der Hoffnung". Fernández war selbst einmal ein "Nihil obstat" verweigert worden. "Sein damaliger Bischof, der heutige Papst Franziskus, hat sich für ihn eingesetzt und auf diese Weise die Zustimmung der vatikanischen Kurie erhalten", erklärte der Moraltheologe. "Er weiß also aus eigener Erfahrung, worum es geht." Fernández hatte in einem Interview berichtet, dass 17 Monate lang das "Nihil obstat" aus Rom ausgeblieben war, nachdem er 2009 zum Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität Argentiniens (UCA) gewählt worden war. Die damalige Glaubenskongregation habe einige Publikationen des Argentiniers für zu gefährlich gehalten. Damals setzte sich demnach der Kardinal von Buenos Aires, der heutige Papst Franziskus, für ihn ein, sodass Fernández im Jahr 2011 doch noch Rektor der UCA werden konnte. (cbr)