Jesuit Zollner kritisiert Missbrauchsbekämpfung im Vatikan
Zum Auftakt der Weltsynode in Rom hat der Jesuit und Psychotherapeut Hans Zollner den Vatikan wegen der nach seiner Ansicht intransparenten Aufarbeitung von Missbrauchsfällen kritisiert. In einem Interview der Zeitschrift "Publik-Forum" (Mittwoch) sagte Zollner: "Unser Problem ist, dass die Leitung entweder nicht willens oder nicht fähig ist, die eigenen Normen umzusetzen und ihre Nachhaltigkeit zu garantieren."
Die katholische Kirche habe immer noch "keine Kultur der Rechenschaftspflicht", sagte Zollner. Das Thema Missbrauch habe in der Weltkirche keine hohe Priorität. "Wir mögen den Wunsch und die Vorstellung haben, dass alle Energie für die Bewältigung der Missbrauchskrise aufgewendet wird. In der römischen Kurie, die ein Spiegelbild der Weltkirche ist, steht das aber nicht ganz oben auf der Agenda", so der Jesuit.
Der Kinderschutzexperte Zollner fügte hinzu: "In zwei Drittel aller Länder spielt sexuelle Gewalt - in der Kirche wie in der Gesellschaft - in der öffentlichen Diskussion nicht wirklich eine wichtige Rolle. Man kann dort immer noch hören, sexueller Missbrauch sei ein Problem der angelsächsischen Länder. Obwohl jeder weiß, dass es falsch ist und dass jede Ortskirche vor dem Problem steht." Zwar gebe es durch den Generationenwechsel einen "Mentalitätswandel", doch dieser vollziehe sich "langsam und nicht flächendeckend". Zollner (56) hatte im Frühjahr die päpstliche Kinderschutzkommission verlassen, weil es dort an Transparenz fehle. (KNA)