Weltsynode im Vatikan eröffnet

Bätzing warnt vor scharfer Abgrenzung der Kirche vom Parlamentarismus

Veröffentlicht am 04.10.2023 um 17:47 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Nun hat die Weltsynode im Vatikan begonnen, die mehrere Jahre lang intensiv vorbereitet wurde. Zum Start der Kirchenversammlung in Rom warnte DBK-Vorsitzender Bischof Georg Bätzing die Kirche vor einer zu strikten Abgrenzung vom Parlamentarismus.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat sich gegen eine scharfe Abgrenzung der katholischen Kirche vom Parlamentarismus ausgesprochen. Papst Franziskus betont diesen Unterschied häufig im Zusammenhang mit der heute eröffneten Weltsynode im Vatikan. Diese sei "kein polarisiertes Parlament", sagte das Kirchenoberhaupt etwa am Mittwoch bei der Eröffnungsmesse zu den Beratungen.

Mit solchen Aussagen müsse man vorsichtig sein, sagte Bätzing ebenfalls am Mittwoch vor Journalisten in Rom. Der Parlamentarismus sei ein großer Wert und in vielen Teilen der Welt – auch mitten in Europa – gefährdet. Den Parlamentarismus als einen Widersacher des Geistlichen auszumachen, halte er persönlich für sehr gefährlich. "Würde es uns gelingen, in einer parlamentarischen Offenheit Meinungen miteinander auszutauschen, dann wäre damit auch schon viel gewonnen", so Bätzing.

Fünf deutsche Diözesanbischöfe bei Synode

Gemeinsam mit den Bischöfen Bertram Meier (Augsburg), Franz-Josef Overbeck (Essen), Felix Genn (Münster) und Stefan Oster (Passau) vertritt Bätzing die deutsche Ortskirche bei der Weltsynode im Vatikan. Erfahrung mit dem Thema der Beratungen haben die Oberhirten bereits. Schon bei den Vollversammlungen des Synodalen Wegs (2019-2023) wurde über die Zukunft der katholischen Kirche debattiert. Dort behandelte Themen wie Machtabbau, ein anderer Umgang mit Laien und die Rolle der Frauen in der Kirche finden sich auch im Arbeitspapier der Weltsynode im Vatikan.

In den Ansätzen beider Projekte sehe er keinen großen Unterschied, so Bätzing. Die Art des Umgangs der Deutschen miteinander und ihre Debattenkultur hingegen könnten Gläubige anderer Länder und Kontinente verschrecken, räumte er ein. Der deutsche Weg gelte nicht für alle und könne nicht alles heilen. "Für uns war es richtig und gut, so zu agieren", so Bätzing. In Rom werde er die Erfahrungen aus dem deutschen Reformprojekt mit der Weltkirche teilen.

Knapp vier Wochen werden die Teilnehmenden über neue Formen des Umgangs und der Mitbestimmung in der Kirche sprechen. Eine deutsche Sprachgruppe gibt es bei dieser Synode nicht. Die deutschen Bischöfe verteilen sich auf Gruppen in englischer, italienischer und französischer Sprache. Der deutsche Bischofskonferenz-Vorsitzende berät auf Englisch - gemeinsam etwa mit dem gerade zum Kardinal erhobenen Bischof von Hongkong, Stephen Chow Sau-yan.

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Papst Franziskus warnte zum Auftakt der Weltsynode vor leichtfertigen Äußerungen gerade in der Öffentlichkeit. "Es ist eine Pause des Zuhörens", sagte der Papst vor den rund 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Versammlung. Das Zuhören habe eine höhere Priorität als das Sprechen. Eindringlich warnte der Papst die Anwesenden vor Geschwätz. "Die am weitesten verbreitete Krankheit in der Kirche ist Geschwätz", sagte er. Wenn einer der Synodenteilnehmer nicht damit einverstanden sei, was ein Bischof oder eine Ordensschwester sage, solle er es der Person ins Gesicht sagen.

Der Papst bezog sich in seinem Grußwort immer wieder auf die Ausführungen des Heiligen Basilius des Großen (um 330-379) über den Heiligen Geist, die er den Anwesenden in der Synodenaula zur Lektüre empfahl. Die Bischofssynode sei kein Parlament, Hauptprotagonist sei nicht ein jeder selbst, sondern der Heilige Geist. "Synode ist ein Weg, den der Heilige Geist geht", sagte Franziskus.

Der Heilige Geist stelle Harmonie ohne Gleichmacherei her, nehme die Menschen an die Hand und spende Trost, er baue die Kirche auf. Die unterschiedlichen Stimmen des Heiligen Geistes müssten gut unterschieden werden, so der Papst. Was den Heiligen Geist traurig mache, seien leere Worte und Geschwätz. Hart verurteilte Franziskus zudem die "spirituelle Verweltlichung". Der Heilige Geist gehe über weltliche Ideen hinaus.

Papst bittet Journalisten um Verständnis

Der Papst wandte sich in seiner Ansprache auch direkt an die berichtenden Journalisten. Diese machten eine gute und wichtige Arbeit, doch in der Versammlung gehe es vor allem ums Zuhören. Dies solle auch in den Medienberichten so abgebildet werden. Dazu sei eine "gewisse Enthaltsamkeit des öffentlichen Wortes" erforderlich, auch wenn dies für Journalisten schwer zu akzeptieren sei.

Das geschehe nicht aus Angst davor, die Themen der Debatte transparent zu machen, auch wenn manche dies so darstellten. Im Vorfeld hatte es Verstimmungen unter Medienschaffenden wegen des eingeschränkten Zugangs zu den Wortbeiträgen der Bischofssynode gegeben. Wichtige Etappen wie die Eröffnungssitzung werden in vielen Sprachen live von den Vatikanmedien übertragen, andere finden unter völligem Ausschluss von Medien statt.

In den kommenden fast vier Wochen beraten die Teilnehmer im Vatikan über neue Formen des Miteinanders in der Kirche und eine stärkere Einbindung des gesamten "Volkes Gottes" in Beratungen und Entscheidungen. Die Bischofssynode ist zentraler Bestandteil der mehrjährigen Weltsynode, an der sich alle Katholiken weltweit beteiligen sollen. Die Teilnehmer der Synode sind von Beginn der Versammlung an zur Verschwiegenheit aufgerufen. Für die eigenen Redebeiträge und ebenso für die Äußerungen von anderen gilt "Vertraulichkeit und Diskretion", heißt es in der Geschäftsordnung. So solle allen ermöglicht werden, die eigenen Gedanken frei zu äußern. Die Pflicht zur Diskretion bleibe bis zum Ende der Synodalen Versammlung und auch darüber hinaus in Kraft.

Kardinal Mario Grech
Bild: ©picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Fabio Frustaci

Der maltesische Kardinal Mario Grech ist als Generalsekretär der Weltsynode einer der Hauptorganisatoren der Versammlung.

Der Organisator der Weltsynode, Kardinal Mario Grech, erinnerte zum Auftakt der Versammlung unterdessen an die eigentliche Aufgabe der Kirche. "Die Liebe Gottes ist die Medizin, die die verwundete Menschheit von heute heilen kann, und als Kirche ist es unsere Aufgabe, ein Zeichen dieser Liebe zu sein", sagte Grech. Die Kirche befinde sich "an einem Scheideweg", betonte der Generalsekretär der Bischofssynode. Die dringende Herausforderung sei nicht theologischer Natur, sondern liege in der Frage, "wie die Kirche in diesem historischen Augenblick Zeichen und Werkzeug der Liebe Gottes für jeden Menschen werden kann".

Grech ließ den bisherigen rund zweijährigen synodalen Prozess Revue passieren und schilderte das Format der Bischofssynode als zum Teil überraschenden Erfolg in allen Erdteilen. Der Glaube der Kirche sei gestärkt daraus hervorgegangen. Die Unterscheidungen, die in der Bischofssynode getroffen würden, seien kein isolierter Akt, betonte er. Das Volk Gottes in den Teilkirchen müsse zu Rate gezogen und auch in den Bischofskonferenzen müsse im Anschluss eine Unterscheidung getroffen werden. Die nun gestartete Phase im Vatikan zeige die Kirche als "die eine und einzige".

Grech: Erstmals haben Nicht-Bischöfe Stimmrecht bei Synode

Grech verwies darauf, dass zum ersten Mal bei einer Bischofssynode auch Nicht-Bischöfe ein Stimmrecht haben. Die 70 Männer und Frauen könnten das gesamte Volk Gottes zwar nicht angemessen repräsentieren, sagte der Generalsekretär. "Aber diese Schwestern und Brüder erinnern uns durch ihre bloße Anwesenheit an die Einheit des synodalen Prozesses: Deshalb ist ihre Teilnahme als wirksame Mitglieder der Versammlung umfassend."

Die Generalversammlung könne so zu einem Beispiel für die ganze Kirche werden, erklärte Grech. Sie könne zu einem Zeichen der Einheit werden, das die Gläubigen auffordere, wieder eine wie im Neuen Testament beschriebene Gemeinschaft zu sein.

Der Vizepräsident der Versammlung, der koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Sedrak, hatte zuvor als erster Redner der Synode die Teilnehmer begrüßt. Sedrak sprach offen über die anfängliche Verunsicherung und Verwirrung vieler Synodaler. "In früheren Synoden sind wir vertraute Wege gegangen, wir hatten allgemeine Leitlinien parat", sagte er. Diesmal habe es hingegen zuvor eine Befragung des Volkes Gottes gegeben. Sedrak lobte die rund zweijährige Vorbereitungsphase, während der die Teilnehmenden einander zugehört und zusammen gebetet hätten. "Die Zentralität Christi möge daher der rote Faden dieser Synode sein", sagte Sedrak.

Jean-Claude Hollerich sitzt auf einem Bischofsstuhl vor einer Steinwand
Bild: ©KNA/Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani

Kardinal Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, ist Generalrelator der Synode.

Beim ersten Arbeitstreffen der Weltsynode wurden Spannungen zwischen Konservativen und Reformfreudigen in der Kirche offen angesprochen. Das "Volk Gottes" gehe durch die Geschichte mit Jesus in seiner Mitte, sagte der Inhalte-Koordinator der Bischofssynode, Kardinal Jean-Claude Hollerich, am Mittwochnachmittag in seiner Eröffnungsrede. "Es ist ganz normal, dass eine Gruppe rechts von Ihm geht, eine andere links von Ihm, während einige vorne weg gehen und andere zurückbleiben."

Wenn die rechte Gruppe zu Jesus blicke, müsse sie zwangsläufig auch die linke Gruppe sehen, die vordere sehe die hintere, und so weiter. "In anderen Worten können die sogenannten Progressiven nicht auf Jesus schauen, ohne auch die sogenannten Konservativen mit ihm zu sehen und andersherum", erklärte der Luxemburger Erzbischof, der offiziell den Titel des "Generalrelators" der Synode hat. Wichtig sei jedoch nicht, welcher Gruppe man angehöre, sondern gemeinsam mit Jesus auf dem Weg zu sein.

"Grammatik der Synodalität" erlernen

Der Generalrelator rief die Synodenteilnehmer auf, die "Grammatik von Synodalität" zu erlernen. Diese Grammatik entwickle und verändere sich. Daher sei es hilfreich, die Zeichen der Zeit zu lesen. Dennoch gebe es einige grundlegende Regeln, die sich nie veränderten.

Für den Katholizismus nannte Hollerich hier unter anderem die aus der Taufe erwachsene Würde, die Rolle des Papstes für die Kirche, bischöfliche Kollegialität, das Weiheamt, das gemeinsame Priestertum der Gläubigen und ihre Wechselbeziehungen untereinander. "Mit diesen grundlegenden Elementen unserer katholischen Grammatik müssen wir einen Weg finden, um die neuen Einsichten auszudrücken, die der Heilige Geist uns schenkt." (rom/KNA)

04.10., 20.30 Uhr: ergänzt um Informationen zur Verschwiegenheit und Aussagen von Kardinal Hollerich.