Mehr als nur "Ja" und "Nein": Das Leben verläuft oft nicht nach Plan
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Die Verwirrung wird größer – zumindest bei jenen, deren Lebenswege in ausgetretenen Trampelpfaden verlaufen. Sie sind es offenkundig nicht gewohnt, auf Herausforderungen gelassen, flexibel und angemessen zu reagieren. Wer mit beiden Beinen im Leben steht, weiß, dass das Leben anders spielt. Viele Mütter und Väter, die den göttlichen Schöpfungsauftrag der Vermehrung, der nach römisch-katholischer Lehre ja konstitutiv für das Eheverständnis ist, erfüllen, kennen das. Es reicht, dass ein Kind Fieber bekommt und der Tagesplan muss spontan geändert werden; oder der Erzeuger macht sich einfach aus dem Staub – wie soll man angesichts einer langen Lebenszeit lernen, dass es doch gut sein soll, wenn der Mensch allein bleibt? Auch wenn das Wort des Stifters eigentlich anderes sagt, die Kirche aber eine eigene Lehre hat.
Das alles ficht zweifellos Glaubende manchmal so an, dass sie an der Wirklichkeit verzweifeln. Jedenfalls haben angesichts der bevorstehenden Weltbischofssynode in Rom einige Kardinäle am 10. Juli 2023 wieder einmal Dubia geäußert – und auf einfache "Ja"- und "Nein"-Antworten gehofft. Papst Franziskus antwortete schon am 11. Juli 2023, allerdings differenziert. Er geht auch auf das zweite Dubium ein, in dem nach der Übereinstimmung der weit verbreiteten Praxis der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare mit der Offenbarung und dem Lehramt (mit Verweis auf KKK 2357) gefragt wird. Dort heißt es: "Die pastorale Klugheit muss daher richtig erkennen, ob es Formen der Segnung gibt, die von einer oder mehreren Personen erbeten werden und die nicht eine falsche Vorstellung von der Ehe vermitteln."
Der Satz macht vorsichtig Hoffnung. Freilich wurden solche Hoffnungen in früheren Synoden auch wieder enttäuscht – man denke nur an den minimal-revolutionären Vorschlag der Amazoniensynode von 2019, der Papst möge doch verheiratete Diakone in Amazonien zur Priesterweihe zulassen, dem der Pontifex nicht folgen wollte. Merkwürdig ist aber die immer wiederkehrende Sorge, es könnten falsche Vorstellungen von der Ehe vermittelt werden. Liebe Kleriker, möchte man da die ängstlich Zweifelnden als Erwachsener, dessen – wie es im Hebräerbrief heißt – "Sinne durch Gebrauch geübt sind, Gut und Böse zu unterscheiden" (Hebr 5,14), beruhigen: die wirklich allermeisten können durchaus eine sakramentale Ehe von der Segnung Liebender ebenso voneinander unterscheiden wie eine Eucharistiefeier von einer Wort-Gottes-Feier mit Kommunionausteilung. Wir sind mündige Christen und keine milchtrinkenden Kinder, die noch Angst vor dem Neuen und Ungewohnten haben. Alles wird gut!
Der Autor
Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.