Auch Dogmatiker Tück sieht Papst-Antwort als dogmatisch unklar

Hoping zu Dubia-Antwort: Franziskus zeigt lehrmäßige Unklarheit

Veröffentlicht am 06.10.2023 um 13:45 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg/Wien ‐ Bei seinen Antworten auf die Dubia-Anfrage von fünf Kardinälen bleibe Papst Franziskus vage und unverbindlich, kritisiert Helmut Hoping. Und auch Jan-Heiner Tück sieht in dem Schreiben des Kirchenoberhauptes keine Antworten, sondern neue Fragen.

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Die Dogmatiker Helmut Hoping und Jan-Heiner Tück sehen die am Montag veröffentlichten Antworten von Papst Franziskus auf die "Dubia" von fünf Kardinälen kritisch. Nach gut zehn Jahren erweise sich das Pontifikat von Franziskus als "eines lehrmäßiger Unklarheit, wodurch die Autorität des päpstlichen Magisteriums geschwächt" werde, schreibt der in Freiburg lehrende Hoping in einer Analyse für "Die Tagespost" (Donnerstag). Schon seit Beginn seines Pontifikats verfolge das Kirchenoberhaupt die Strategie, einerseits die kirchliche Lehre stehenzulassen, andererseits die Lehre in der Praxis zu unterlaufen. Auch bei seinem aktuellen Schreiben habe der Papst nicht mit einem klaren "Nein" oder "Ja" geantwortet. "Vieles bleibt vage und unverbindlich", so Hoping.

Am Montag hatten die als konservativ geltenden Kardinäle Walter Brandmüller (Deutschland), Raymond Burke (USA), Juan Sandoval Íñiguez (Mexiko), Robert Sarah (Guinea) und Joseph Zen (China) vor dem Beginn der Weltsynode ihre Dubia (lateinisch für "Zweifel") veröffentlicht. In den Anfragen geht es unter anderem um Änderungen der Lehre der Kirche, die Möglichkeit eines Segens für homosexuelle Paare und die Weihe von Frauen. In einem offenen Brief kritisierten sie, dass der Papst auf die einzelnen Fragen nicht – wie sonst üblich – mit "Ja" und "Nein", sondern ausführlicher geantwortet habe. Auf eine zweite Version der Dubia-Fragen habe das Kirchenoberhaupt nicht reagiert. Am Montagnachmittag veröffentlichte der Vatikan auf der Website des Glaubensdikasteriums das erste Schreiben der Kardinäle sowie die Antworten des Papstes.

Die Beispiele, die Franziskus anführe, um zu zeigen, dass die Offenbarung Gottes aufgrund veränderter kultureller Bedingungen neu interpretiert werden müsse, gelten laut Hoping nicht. "Bei der authentischen Glaubensüberlieferung aber gilt die Regel, dass die Wahrheit des kirchlichen Dogmas nicht von der Relativität seiner kulturellen Prägung abhängt." Mit dem Verbot approbierter Liturgien zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare habe Franziskus "wohl einer entsprechenden Absicht der deutschen Bischöfe eine Absage erteilt". Dadurch, dass der Papst eine Segnung aus pastoralen Gründen aber für möglich halte und in das Ermessen des jeweiligen Priesters lege, korrigiere er sich selbst. "Noch vor zwei Jahren hatte er der Veröffentlichung einer Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zugestimmt, die Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare grundsätzlich untersagte."

Franziskus habe "keine Punkte gesetzt, sondern Diskursräume offengehalten"

Auch der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück hat die Antworten des Papstes kritisiert. Diese könnten zwar als "konstruktiver Beitrag zur Überwindung der Polarisierung in der Kirche" verstanden werden, es mangele ihnen jedoch aus dogmatischer Sicht an Klarheit, sagte Tück der österreichischen Presseagentur "Kathpress" (Donnerstag). "Die Antworten sind keine wirklichen Antworten. Sie treiben neue Fragen hervor."

Franziskus habe mit seinen Antworten "keine Punkte gesetzt, sondern Diskursräume offengehalten" und die Komplexität der Themen deutlich gemacht. So weiche der Papst dem Grundproblem aus, inwieweit die "Zeichen der Zeit" als neue Offenbarungsquellen betrachtet werden könnten und auch seine Aussage zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare bleibe ebenso zweideutig. Er wolle an der Doktrin nicht rütteln, zugleich aber Spielräume offenhalten. "Das mag man pastoral sensibel nennen, theologisch konsistent ist es nicht", so Tück.

Bei der Entscheidung von Papst Johannes Paul II. zur Unmöglichkeit der Frauenordination deute Franziskus an, dass der Papst damals "auf fehlbare Weise unfehlbar gelehrt haben könnte", sagte der Dogmatiker. "Franziskus will die Türe nun doch wieder öffnen, die er bei der fliegenden Pressekonferenz am 1. November 2016 schon geschlossen hatte, als er die Unmöglichkeit der Frauenordination bekräftigte." (cbr)