Chinesischer Kardinal übt heftige Kritik an Synodensekretariat

Text kursiert unter Teilnehmern: Zen warnt vor Änderungen durch Synode

Veröffentlicht am 06.10.2023 um 15:39 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Bei der Weltsynode kursiert ein Brief von Kardinal Joseph Zen: Er warnt vor Manipulationen und Veränderungen durch die Versammlung. Zudem würden offene Debatten vermieden – und so getan, als ob sich Konsens "auf wundersame Weise" einstellen würde.

  • Teilen:

Die Kritik konservativer Kardinäle an der Weltsynode im Vatikan hält an. Unter Synodenteilnehmern in Rom zirkulierte am Donnerstag und Freitag ein Brief des chinesischen Kardinals Joseph Zen (91), in dem dieser vor Manipulationen und Veränderungen durch die Synode warnt. Der Brief datiert vom 21. September und richtet sich an die "Brüder im Bischofsamt".

In konservativen Kirchenkreisen in den USA ist er bereits seit einigen Wochen bekannt, inzwischen haben auch Medien der EWTN-Gruppe den Brief im Wortlaut gezeigt.

Verwirrung durch Ausweitung des Begriffs

In dem ausführlichen Schreiben warnt der frühere Bischof von Hongkong, durch die Ausweitung des Begriffs der Synodalität entstehe Verwirrung. Einerseits werde behauptet, dass Synodalität für die Kirche schon immer ein wesentliches Element gewesen sei. Andererseits werde gesagt, dass Synodalität etwas Neues sei, das Gott als Antwort der Kirche auf die aktuellen Herausforderungen erwarte. Ironisch fragt Zen: "Wie kann Gott vergessen haben, seine Kirche in den 20 Jahrhunderten ihrer Existenz dieses konstitutive Element leben zu lassen?"

Nachdrücklich kritisiert Zen in dem Brief auch den Synodalen Weg der Katholiken in Deutschland, den Papst Franziskus trotz harscher Kritik von Bischöfen anderer Länder nicht gestoppt habe. Der Versuch, die Kirche in Deutschland zu demokratisieren, habe ähnlich wie ein vergleichbarer Versuch in den Niederlanden 50 Jahre zuvor den Niedergang der Kirche beschleunigt. Heute liege die Kirche in Deutschland im Sterben, so der Kardinal. Eine vergleichbare Entwicklung gebe es auch in der anglikanischen Kirche, die vom Streit um gleichgeschlechtliche Ehen gespalten werde.

Eröffnungssitzung der Weltsynode zur Synodalität
Bild: ©picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Gregorio Borgia (Symbolbild)

"Wie kann Gott vergessen haben, seine Kirche in den 20 Jahrhunderten ihrer Existenz dieses konstitutive Element leben zu lassen?", schreibt Kardinal Zen zur Synodalität.

Heftige Vorwürfe richtet Zen gegen das Synodensekretariat im Vatikan. Es sei "sehr effizient in der Kunst der Manipulation". Es gebe vor, keine Agenda zu verfolgen, obwohl längst jeder sehen könne, welche Schlussfolgerungen es anstrebe. Unter anderem gehe es darum, die Lebensweise von Menschen zu akzeptieren, die "sich für eine Sexualmoral entscheiden, die sich von der katholischen Tradition unterscheidet".

Zen kritisiert ferner, dass bei der laufenden Synode – anders als beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) – offene Debatten vermieden würden. Stattdessen werde so getan, als ob sich Konsens "auf wundersame Weise" einstellen würde. "Diskussionen zu vermeiden bedeutet, der Wahrheit aus dem Weg zu gehen," schreibt Zen.

Der heute 91-jährige Kardinal hat sich in Hongkong im antikommunistischen Widerstand engagiert. Papst Franziskus' Schritte hin zu einer Verständigung mit der Führung in Peking hat er öffentlich kritisiert. Innerkirchlich zählt er zu den konservativen Kritikern des regierenden Papstes. Er ist einer von fünf Kardinälen, die den Papst unlängst mit der Vorlage von fünf Anfragen ("dubia") zu dogmatischen Themen dazu bringen wollten, seine Reformideen klarzustellen. (KNA)