Keine neuen Bischöfe – Der Papst lässt Deutschland zappeln
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Wer für eine kirchliche Nachrichtenseite arbeitet, für den ist der tägliche Blick in das "Bollettino Sala Stampa della Santa Sede" obligatorisch. Unter den dortigen vatikanischen Verlautbarungen finden sich auch die Personalentscheidungen des Papstes. Inzwischen aber ist – zumindest in dieser Redaktion – das 12-Uhr-Bulletin zum Running Gag geworden: "Wieder kein neuer deutscher Bischof!" Man beginnt sich zu fragen: Worauf wartet Papst Franziskus? Hat er gar etwas gegen die Kirche in Deutschland?
Drei deutsche (Erz-)Diözesen stehen bislang ohne Oberhirten da: In Paderborn wartet man bereits seit über einem Jahr auf einen neuen Erzbischof, und am 1. November werden auch in Bamberg die zwölf Monate Wartezeit voll sein. Der Bischofsstuhl von Osnabrück ist immerhin "erst" seit sieben Monaten vakant – man rechnet dort allerdings nicht mit einer Entscheidung vor Ostern 2024. Hinzu kommt, dass durch den angebotenen, altersbedingten Rücktritt von Gebhard Fürst mit Rottenburg-Stuttgart bald ein viertes deutsches Bistum bischofslos sein könnte. Und dann ist da das noch immer offene Rücktrittsangebot von Kardinal Rainer Maria Woelki, zu dem sich der Vatikan seit mehr als anderthalb Jahren ausschweigt.
Sicher: Aufgrund des Mitspracherechts der Ortskirchen durch die Konkordate dauert es hierzulande häufig länger mit den Bischofsernennungen. Doch in der Summe wirken die päpstlichen Nicht-Entscheidungen dann doch verdächtig. Immerhin war das Verhältnis von Rom und deutscher Kirche zuletzt nicht spannungsfrei. Man denke an die zahlreichen vatikanischen Stoppschilder zu Reformideen des Synodalen Wegs. Dazu zählte übrigens auch die der Laienbeteiligung an Bischofswahlen.
Will der Papst also die Kirche in Deutschland abstrafen? Will er sie handlungsunfähig machen? Oder finden sich schlicht keine geeigneten Kandidaten? Gut möglich wäre, dass der Vatikan eine Neuausrichtung oder zumindest eine liberal-konservative Ausgewogenheit des deutschen Episkopats im Blick hat. Was genau hinter den langen Wartezeiten steckt, bleibt wohl im Dunkeln. Fest steht: Freunde macht sich Franziskus nicht, wenn er die deutsche Kirche weiterhin zappeln lässt. Denn wo beim Journalisten inzwischen Sarkasmus statt Spannung beim täglichen Bulletin-Check im Vordergrund steht, mehren sich bei den Gläubigen in den vakanten Diözesen Enttäuschung und Verunsicherung.
Der Autor
Tobias Glenz ist Redakteur bei katholisch.de.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.