Sprecherin von "Maria 2.0" sieht keinen Nutzen für Missbrauchsbetroffene

Theologin Mesrian: Nennung von Täternamen "reine Schaufensterpolitik"

Veröffentlicht am 20.10.2023 um 11:59 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Das Bistum Aachen hat die Namen von 53 Missbrauchsbeschuldigten veröffentlicht. Betroffene profitierten davon aber nicht, kritisiert Maria Mesrian. Die Sprecherin der Bewegung "Maria 2.0" betont: Aufarbeitung bedeute mehr als Aufklärung.

  • Teilen:

Laut der Theologin und Sprecherin der Bewegung "Maria 2.0", Maria Mesrian, ist die Nennung der Namen von Tätern im Bistum Aachen kein Dienst an einer tatsächlichen Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche. Dabei handle es sich um "reine Schaufensterpolitik", solange sich Bischof Helmut Dieser "nicht für eine Kehrtwende in der Entschädigungspraxis und für die Beseitigung der systemischen Ursachen einsetzt", schreibt Mesrian in einem Gastkommentar für das Portal "kirche-und-leben.de" (Freitag). Dieser, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist, stelle sich damit "an die Spitze einer vermeintlich transparenten Aufklärung".

"Ich kenne keinen Betroffenen, der von dieser öffentlichen Nennung profitiert", so Mesrian weiter. Aufarbeitung sei in der Kirche auch fünf Jahre nach Veröffentlichung der MHG-Studie "nicht einmal ansatzweise" auf den Weg gebracht. Die Studie habe klare systemische Ursachen benannt, die nach wie vor nicht beseitigt worden seien. "Dass Aufklärung durch Gutachten nicht schon Aufarbeitung ist, haben die Verantwortlichen bis heute nicht begriffen." Die "Verzögerungs- und Hinhaltetaktiken" der Kirchenverantwortlichen steigerten das Leid der Betroffenen. Dazu fehle dem Verfahren der Unabhängigen Kommission zur Anerkennung des Leids (UKA) die versprochene Rechtsstaatlichkeit; die Leistungen würden als willkürlich empfunden.

Das Bistum Aachen hatte am Mittwoch eine Liste mit 53 Namen von Missbrauchsbeschuldigten veröffentlicht. Unter ihnen ist auch der 1986 verstorbene Weihbischof August Peters. Neben dem Kriterium, dass die Täter und mutmaßlichen Täter mindestens zehn Jahre tot sind, müsse der Betreffende von staatlichen oder kirchlichen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden oder in dem jeweiligen Fall ein Antrag auf Anerkennung des Leids positiv beschieden worden sein. Die systematische Nennung der Namen sei bisher bundesweit einmalig, unterstrich Bischof Dieser. Bislang seien nur in begründeten Einzelfällen Namen bekannt gegeben worden. Mit dem Vorgehen sollten weitere bislang noch unbekannte Betroffene ermutigt werden, sich zu melden. Der Schritt sei nach langem Abwägen und in Abstimmung mit den zuständigen Gremien erfolgt. (mal)