Die Idee von einheitlichen ethnischen Staaten sei sowieso vorbei

Vatikan-Berater: Keine Chance für Zwei-Staaten-Lösung in Nahost

Veröffentlicht am 21.10.2023 um 15:43 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Seit langer Zeit streben unterschiedliche Akteure nach einer Zwei-Staaten-Lösung für das Heilige Land. Vatikanberater Christian Rüttishauser hält das angesichts der momentanen Situation allerdings nicht für realistisch.

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Der Ständige Berater des Heiligen Stuhls für Belange des Judentums, Christian Rutishauser, hält eine Zwei-Staaten-Lösung in Israel und Palästina nicht mehr für realistisch. "Ich sehe nur eine Ein-Staaten-Lösung im Augenblick mit Israel als Sicherheitsmacht über das Ganze und mit einer Teilautonomie von Palästinensern darin, sich zu verwalten", sagte der Jesuit am Samstag dem Kölner Internetportal domradio.de.

Die Idee von einheitlichen ethnischen Staaten sei sowieso vorbei, betonte Rutishauser, der auch Mitglied der Kommission für die Beziehungen zum Judentum der Deutschen und der Schweizer Bischofskonferenz ist. Heute brauche es eine Rechtsstaatlichkeit mit bürgerlichen Rechten für alle Bewohner verschiedener Herkunft und religiöser Überzeugung. "Auch ein jüdischer Staat kann Palästinenser als echte Bürger behandeln, ebenso Christen und Muslime, wie es für einen Rechtsstaat gilt."

Mit Blick auf die im Gazastreifen herrschende Hamas sagte der Jesuit: "Die Angriffe der Hamas haben noch einmal sehr klar gezeigt: Diese Terroristen-Organisation will keinen Frieden, keinen Staat Israel. Das ist zutiefst antisemitisch."

Patriarchen nähern sich an

Im Schatten des Nahost-Krieges ist es dagegen zu einer Annäherung der seit Jahren zerstrittenen griechisch-orthodoxen Patriarchen Johannes X. Yazigi (Antiochien) und Theophilos III. (Jerusalem) gekommen. Angesichts der Umstände wolle man die abgebrochenen kirchlichen Beziehungen wiederaufnehmen, teilte die Leitung der Kirche von Antiochien aus dem libanesischen Kloster Balamand mit.

Die Heilige Synode des Patriarchats rief alle Pfarreien für Sonntag zum Gebet für das leidende palästinensische Volk auf. Ferner werde eine Delegation der Kirche nach Amman in Jordanien reisen, um dort Patriarch Theophilos III. von Jerusalem eine Geste der Solidarität zu übermitteln.

Die Kirche von Antiochien hatte 2015 die Gemeinschaft mit Jerusalem für beendet erklärt. Hintergrund war ein Streit um ein Bistum in Katar, das 2013 vom Patriarchat von Jerusalem für orthodoxe palästinensische Gläubige in dem Emirat eingerichtet worden war. Antiochien sah durch den Schritt seine territorialen Grenzen verletzt. Das Jerusalemer Patriarchat äußerte damals zwar Bedauern über den Bruch, hielt aber an seinem Bistum Katar fest. In der aktuellen Erklärung betonte Antiochien, die Katar-Frage sei ungeachtet der Wiederaufnahme der Beziehungen weiterhin ungelöst. (cph/KNA)