Auch Heidi Klum teilte das Video der Schwestern

5,5 Millionen Klicks: Tanzende Ordensfrauen landen Internet-Hit

Veröffentlicht am 24.11.2023 um 12:00 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Graz ‐ Mit einem kurzen Social-Media-Video gehen drei Ordensfrauen aus der Steiermark viral. Die Initiatoren des Projektes sind stolz – und wittern ein Lernfeld für die Zukunft der Seelsorge im digitalen Bereich.

  • Teilen:

Die Sequenz dauert nur wenige Sekunden, die Szenerie ist mit einer grünen Wiese und Bäumen nicht wirklich eindrucksvoll und auch die Tanzschritte der Protagonistinnen sind nicht unbedingt spektakulär – oder besonders synchron. Und trotzdem wurde das Video von drei Ordensfrauen auf den Plattformen Instagram und TikTok mittlerweile (stand Freitag) über 5,5 Millionen Mal angeklickt.

Am Erfolg des Clips dürfte auch ein deutsches Model nicht ganz unbeteiligt sein: Anfang November teilte Heidi Klum das Reel der tanzenden Ordensfrauen. Ob die Grazer Ursulininnen und Kreuzschwestern für ihre Performance ein Foto von der "Germany's Next Topmodel"-Moderatorin bekommen hätten, ist nicht überliefert. Stolz sind die Verantwortlichen in der Diözese Gaz-Seckau trotzdem. Denn gepostet wurde der virale Clip vom Social-Media-Projekt "POV:JESUS" der Katholischen Kirche in der Steiermark. "Der Erfolg von POV:JESUS zeigt, dass Kirche für sehr viele Menschen interessant sein kann", sagte der Leiter des Kommunikationsbüros der Diözese Graz-Seckau, Helmut Schmidt, laut Mitteilung der Initiative "Denk Dich Neu", zu dessen Portfolio die Kanäle gehören und die die Kanäle finanziell unterstützen. "Die Zutaten sind: ein wachsamer Blick hinein in die Gesellschaft, Mut, einen (Tanz-)Schritt auf die Entwicklungen zuzugehen und eine Brise Glück."

Vor allem Tanz-Videos kommen an

Seit März sind die Kanäle von "POV:JESUS" online und wollen Glaubensinhalte mit Erklärvideos, Straßenumfragen und auch Tanzvideos vermitteln. "Vor allem letztere sind bereits weit über die Grenzen Österreichs bekannt", heißt es von "Denk Dich Neu". Die Initiative bezeichnet die Kanäle gar als "Überflieger-Projekt". Und tatsächlich scheint das Konzept zu überzeugen: 10.000 Follower hat "POV:JESUS" bei Instagram, 5.500 bei TikTok – Tendenz weiter steigend, betont die Initiative. Rund 75 Prozent der User sei dabei weiblich und rund 60 Prozent zwischen 18 und 34 Jahren. Allein auf die Instagram sei die Reichweite der Beiträge zuletzt auf über 3,5 Millionen gestiegen, heißt es in der Mitteilung.

Und in dem sozialen Netzwerk feiern viele Nutzerinnen und Nutzer die lockeren Ordensfrauen in den über 790 Kommentaren unter dem Video. "Somebody call Whoopi!" (Jemand sollte Woopi anrufen), schreibt etwa eine Userin und bezieht sich auf die Schauspielerin Whoopi Goldberg und ihre Rolle als Ordensfrau in der Komödie "Sister Act". Eine andere Nutzerin kommentiert "Nuns just wanna have fun" und spielt damit auf den Popsong "Girls Just Want to Have Fun" von Cyndi Lauper an. Aber nicht nur positive Nachrichten finden sich dort. "The Bible is not supporting this…" (Die Bibel unterstützt das nicht) schreibt etwa ein Kommentator. Ein anderer: "Jesus didn't die for this sin......" (Jesus ist für diese Sünde nicht gestorben).

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Kritische Kommentare sind aber laut Aussage der Diözese Graz-Seckau eher die Ausnahme. "Wir bekommen durchweg positive Rückmeldungen betreffend des Kanals", erklärt Sprecherin Hanna Prumofsky auf katholisch.de-Anfrage. Gerade die drei Ordensfrauen würden mit ihrer Lebensfreude besonders hervorstechen. "Die User:innen sind begeistert, dass Freude am Glauben auch durch Musik und Tanz ausgelebt werden kann", so Prumofsky.

Mit dem Kanal wolle man grundsätzlich aber die "Bandbreite des christlichen Glaubens" abbilden. Und tatsächlich machen tanzende Ordensfrauen nur einen Teil der Beiträge von "POV:JESUS" aus. Oft ist der 17-jährige Host Tobias zu sehen, der Themen und Bräuche rund um die Kirche erklärt, oder Straßenumfragen zu religiösen Fragestellungen macht. Eines der ersten Videos des Kanals zeigt ihn zusammen mit dem 94-jährigen Pfarrer Fliesser, dem zweitältesten Pfarrer der Steiermark. Und beide – ja, richtig – tanzen. Doch auch die Ordensfrauen aus dem viralen Video tauchen häufiger auf dem Kanal auf und sprechen unter anderem über das Leben im Kloster oder ihre Berufung. Um diese Vielfalt der katholischen Kirche darstellen zu können, "war es für uns glasklar auch Ordensschwestern miteinzubeziehen", betont Prumofsky. "Dass diese dann auch noch mit vollem Elan dabei sind und offenbar richtig gut bei User:innen aller Altersgruppen ankommen, bereitet uns natürlich die größte Freude."

Ordensfrauen in illustrer Gesellschaft

Dass Videos von Ordensleuten und Priestern – gerade mit musikalischem Talent – viral gehen, ist indes nicht ungewöhnlich. 2019 klatschten und stampften rund 25 Ordensfrauen zum Queen-Klassiker "We Will Rock You"– Luftgitarre inklusive. Während der ersten Corona-Hochphase 2020 tanzten Dominikanerinnen in Spanien eine eigens entwickelte Choreografie, um ihrer Oberin zu zeigen, dass es ihnen gut geht. Ebenfalls 2020 rappten polnische Barmherzigkeitsschwestern zu einer Benefiz-Aktion während der Pandemie. Und bereits 2013 machte ein italienischer Priester von sich reden, der am Ende von kirchlichen Trauungen den Song "Mama Maria" der Italo-Pop-Band "Ricchi e Poveri" performt – und diese Auftritte bis heute hinlegt. Die Grazer Schwestern sind damit also in illustrer Gesellschaft.

Auch das Österreichische Pastoralinstitut (ÖPI) beobachtet die "POV:JESUS"-Kanäle mit Freude. "Im digitalen Raum leben die Menschen, und dort, wo Menschen leben, wird auch das Christ- und Christin-Sein gelebt und ist Seelsorge aktiv", erklärt ÖPI-Leiterin Gabriele Eder-Cakl. Die digitale und die analoge Welt seien heute zudem nicht mehr zu trennen, sondern selbstverständlich miteinander verbunden. "POV:JESUS" sei daher auch ein gutes Lernfeld für die Zukunft der Seelsorge im digitalen Raum. Und dieser Raum lasse sich nicht auf eine Diözese, ein Bundesland oder Land beschränken. Das gilt noch viel mehr, wenn solche Videos viral gehen.

Von Christoph Brüwer