Standpunkt

Vier Frauen für ein Halleluja und ihre obrigkeitshörigen Erwartungen

Veröffentlicht am 27.11.2023 um 00:01 Uhr – Von Michael Böhnke – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mit ihrem Versuch, den Synodalen Weg per Brief an den Papst zu stoppen, hat sich die "Wir sind Papst"-Fraktion einmal mehr einen Bärendienst erwiesen, so Michael Böhnke. Seiner Ansicht nach machen die jüngsten Antworten aus Rom eine Sache deutlich.

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Wer würde sich nicht darüber freuen, einen Brief vom Papst zu erhalten. Und wovon das Herz voll ist, davon soll die Welt erfahren. Vier Frauen für ein Halleluja! Und doch hat die "Wir sind Papst"-Fraktion sich mit dem Versuch, den Synodalen Weg mit Hilfe der Autorität des Papstes zu stoppen, wieder einmal einen Bärendienst erwiesen. Franziskus mag es nicht, wenn man ihn zu autoritativem Handeln auffordert. Das hätte das Quartett spätestens seit den römischen Antworten auf die Dubia der Kardinäle wissen müssen.

Der Brief aus Rom erweist seinen Absender einmal mehr als pragmatischen Kommunikationskünstler, der Überraschungen liebt. Spontanität als Resonanz auf obrigkeitshörige Erwartungen. Spannender als die Inhalte ist die Tatsache, dass der Papst sich direkt an die Frauen wendet. Und auch der zweite Brief aus Rom, das offizielle Schreiben von Kardinal Parolin, war an eine Frau adressiert: Beate Gilles, die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz. Sie hat es den Bischöfen vorgelegt.

Was in dem Schreiben an Frau Gilles steht, klingt einerseits für viele enttäuschend, andererseits ist es revolutionär. Mit einem längeren Zitat des Papstes wird das Amtspriestertum funktional verstanden. Und das mit einer unerhörten Konsequenz: "In der Kirche begründen die Funktionen 'keine Überlegenheit der einen über die anderen'", heißt es. Franziskus entkoppelt Amtspriestertum und Kirchenleitung. Zur Herrschaft in der Kirche sind aufgrund der allen gemeinsamen Taufwürde auch Laien fähig und berufen.

Im Kampf gegen Klerikalismus und Standesdenken hat sich der Papst längst auf die Seite des Volkes Gottes gestellt. Er hat übertriebene Hierarchien in der Kurie und in der episkopalen Kommunikation abgebaut. Synodalität heißt, auf Augenhöhe miteinander reden. Wer das verweigert und autoritär durch Kleidung oder Verhalten Standesunterschiede herauskehrt, wer Unterordnung und blinden Gehorsam fordert, muss mit bisweilen harten Konsequenzen rechnen.

Die Schreiben aus Rom machen deutlich: Frauen können und sollen sich "dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche wichtige Entscheidungen getroffen werden" einbringen. Dass das geforderte Engagement auch mit dem Amt einer Diakonin verbunden sein kann, scheint nach dem, was im Parolin-Brief nicht steht, verhandelbar.

Von Michael Böhnke

Der Autor

Michael Böhnke ist Professor für systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Außerdem ist er Ethik-Beauftragter des Deutschen Leichtathletikverbands.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.