Bogner: Rom kann Reformdebatten nicht mehr einfach so stoppen
Nach Ansicht des Moraltheologen Daniel Bogner lassen sich zentrale Reformforderungen in der Kirche auch durch römische Interventionen nicht mehr vom Tisch wischen. "Was sich in der Kirche bewegen und verändern kann, ist nicht allein davon abhängig, was Rom dazu sagt", sagte Bogner in einem am Freitag von der Pressestelle der Diözese Eichstätt veröffentlichten Interview. Die Debatten zu einer Öffnung des Weiheamtes und zu einer neuen Bewertung von Homosexualität könnten nicht einfach gestoppt werden, da sie schon weit gediehen seien und sich viele qualifizierte Stimmen daran beteiligt hätten. "Das deutet darauf hin, dass es nicht gänzlich gegen den Willen Gottes sein kann, worum es da geht."
Vergangene Woche war ein Schreiben von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an die deutschen Bischöfe bekannt geworden. In einer offiziellen Note teilte Parolin ihnen mit, dass die den Männern vorbehaltene Priesterweihe und die Lehre der Kirche zur Homosexualität nicht verhandelbar seien. Beide Themen hatten beim Synodalen Weg der Kirche in Deutschland eine zentrale Rolle gespielt.
"Einige sollten vorangehen"
Bogner erklärte dazu, dass selbst Rom nicht mit einer Stimme spreche. So habe etwa der neue Präfekt des Glaubensdikasteriums, Kardinal Víctor Manuel Fernández, einen anderen "Zungenschlag" als Parolin. "Entscheidend aber ist: Es gibt eine Verantwortung für die Kirche, die von allen, die zur Kirche gehören, wahrgenommen werden sollte", so der im schweizerischen Fribourg lehrende Moraltheologe. Da die katholische Weltkirche ein "Tanker" sei, der sich nicht so schnell bewegen lasse, brauche es viele unterschiedliche Kräfte und Impulse. "Einige sollten vorangehen und mit Mut und Kompetenz Vorschläge machen, wozu anderen vielleicht die Ressourcen fehlen." Deshalb sei der Synodale Weg ein wichtiger Dienst der Kirche in Deutschland für die Weltkirche – "und das sagen viele weltweit".
Positiv überrascht zeigte sich Bogner vom ersten Teil der Weltsynode. "Es ist klar geworden, dass die großen Fragen überall weltweit gestellt werden: Wie gelingt eine verbindliche Beteiligung aller? Wie kommen wir bei der Geschlechtergerechtigkeit weiter?" deutlich geworden sei zudem, dass die Debatten zu erneuerten Strukturen, einem erneuerten Kirchenrecht sowie zu einer erneuerten Amtstheologie führen müssten. Bogner betonte, dass substantielle Veränderungen weltweit erwartet würden. "Interessant ist doch, dass die Deutschen hier gar nicht am weitesten sind, sondern etwa von den Lateinamerikanern überholt wurden."
Zur Frage nach mehr Mitbestimmung von Laien hielt Bogner fest, dass die Herausforderung darin bestehe, wie sich das geweihte Amt denken lasse, ohne es monarchisch auszulegen. "Ich möchte an der sakramentalen Gestalt der Kirche festhalten, und damit an einem Weiheamt. Aber man muss es nicht als 'Alleinherrschaft' verstehen." Heutzutage stünden dafür auch theologisch andere Ressourcen zur Verfügung. "Man könnte sagen: Christus im Amt zu repräsentieren, verlangt nach einer Bescheidenheit des repräsentierenden Zeichens – gerade um dem, was da repräsentiert werden soll, gerecht zu werden", so Bogner. Dies könnte sich beispielsweise in einer Teilung der (Amts-)Gewalten oder in einer zeitlichen Begrenzung der Amtszeiten von Bischöfen ausdrücken, "aber auch darin, dass man das Kriterium des Geschlechts für die Repräsentation nicht für so ausschlaggebend hält, wie dies bisher noch getan wird". (mal)