Anzeige eines Betroffenen wurde Ende November öffentlich

Orden SJM wusste wohl schon länger von Missbrauchsvorwürfen

Veröffentlicht am 04.12.2023 um 11:51 Uhr – Lesedauer: 

Blindenmarkt ‐ Vergangene Woche teilte der Orden SJM mit, die Missbrauchsvorwürfe gegen ein Mitglied bei kirchlichen und staatlichen Behörden angezeigt zu haben. Eine Ergänzung zu der Stellungnahme legt nun nahe, dass man damit länger gewartet hat.

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Die Ordensgemeinschaft Diener Jesu und Mariens ("Servi Jesu et Mariae", SJM) hat offenbar bereits längere Zeit von den Missbrauchsvorwürfen gegen ein Mitglied gewusst und sie nicht sofort den zuständigen Stellen gemeldet. "Die Vorwürfe wurden uns in Schritten bekannt, anfangs vage und zusammenhanglos", heißt es in einer am Wochenende veröffentlichten Ergänzung zur Stellungnahme der Gemeinschaft vom vergangenen Montag. Jeder neue Erkenntnisstand sei unverzüglich vom Präventionsteam der SJM mit einer Ombudsstelle für sexuellen Missbrauch besprochen worden. Diese externe Beratungsstelle habe Empfehlungen zum Umgang mit erhaltenen Informationen abgegeben, denen der Orden gefolgt sei. Darunter waren unter anderem die Ermutigung des Betroffenen, "sich unabhängig beraten zu lassen und ggf. ein Verfahren einzuleiten" sowie die staatliche und kirchliche Anzeige von Seiten des Ordens, "deren Zeitpunkt ebenfalls mit der Beratungsstelle abgestimmt war". Die einzelnen Schritte seien entsprechend dokumentiert.

Die SJM hatte am vergangenen Montag in ihrer Stellungnahme zunächst mitgeteilt, dass eine betroffene Person dem Orden verschiedene Missbrauchserfahrungen mitgeteilt habe, die sich unter anderem auf einen Priester der SJM und dessen Tätigkeit Ende der 1990er Jahre beziehen. Diese Vorwürfe habe der Orden den staatlichen und kirchlichen Behörden angezeigt. Weitere Angaben zum Fall und zum Beschuldigten machte die Gemeinschaft nicht. Die SJM betonten, dass sie alles dafür tun würden, um von unabhängiger Seite eine volle Aufklärung und Aufarbeitung der Vorfälle zu unterstützen. Dies wird auch in der aktuellen Ergänzung betont. "Wir danken ihm, dass er mit seiner Aussage eine unabhängige Klärung der Vorfälle ermöglicht hat, und versichern ihm diesbezüglich unsere volle Unterstützung“, heißt es mit Blick auf den Betroffenen.

39-Jähriger wirft vier Geistlichen Missbrauch vor

Ende November hatte die Schweizer Zeitung "SonntagsBlick" über die Anzeige eines heute 39-Jährigen berichtet, der vier Priestern Missbrauch vorwirft, darunter einem Pater der SJM und einem ehemaligen deutschen Diözesanbischof. Bei den weiteren Priestern handelt es sich um Geistliche der Bistümer Sankt Pölten (Österreich) und Chur (Schweiz). Die SJM äußerte sich nicht dazu, ob es sich bei dem Fall der Mitteilung um denselben Vorgang handelt. Der Betroffene wirft dem SJM-Pater ab 1998 nahezu tägliche sexuelle Übergriffe vor. Gegenüber der Zeitung bestritten der beschuldigte Pater, einer der Priester sowie der Bischof die Vorwürfe, der vierte Beschuldigte äußerte sich nicht.

Die SJM wurden 1988 unter anderem durch den ursprünglich dem Jesuitenorden angehörenden Pater Andreas Hönisch gegründet, der zuvor bereits die "Katholische Pfadfinderschaft Europas" (KPE) als konservative Abspaltung der "Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg" (DPSG) gegründet hatte. Im Streit mit seinem Orden um die Tätigkeit in der KPE wurde Hönisch von den Jesuiten ausgeschlossen und war zunächst Augsburger Diözesanpriester. Die SJM wurde 1994 als Kongregation päpstlichen Rechts vom Heiligen Stuhl anerkannt. Hönisch war bis zu seinem Tod Generaloberer des Ordens. Im Frühjahr teilte die Gemeinschaft mit, dass die Geschichte ihres Gründers mit Unterstützung eines Apostolischen Assistenten aufgearbeitet werden soll, nachdem sich eine Person mit "kritischen Anfragen" zu Hönisch an Rom gewandt habe. Weitere Details sind nicht bekannt. Der ursprünglich beauftragte Apostolische Assistent wurde bereits kurz nach seiner Benennung ausgetauscht. (mal)