Papst greift im Liturgiestreit durch: "Werdet nicht zur Sekte!"
Im syro-malabarischen Liturgiestreit hat Papst Franziskus die Leitungsebene des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly ausgetauscht und sich mit einer eindringlichen Videobotschaft an die Gläubigen gewandt. Am Donnerstag teilte das Presseamt des Heiligen Stuhls mit, dass der Papst die Rücktrittsgesuche von Großerzbischof George Alencherry und dem Apostolischen Administrator Andrews Thazhath angenommen hat. Geleitet wird das Großerzbistum bis zur Bestellung eines neuen Großerzbischofs durch den emeritierten Bischof der Eparchie St. Thomas von Melbourne, Bosco Puthur.
In einer Videobotschaft an die Gläubigen des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly, wo die Konflikte um die von der Synode der syro-malabarischen Kirche beschlossenen einheitlichen Form der Liturgie ihr Zentrum haben, fordert Papst Franziskus in deutlichen Worten, zur Gemeinschaft der Kirche zurückzukehren: "Wenn es keine Gemeinschaft gibt, gibt es auch keine Kirche. Sie ist dann eine Sekte." Die Gläubigen sollten demnach den Priestern, die nicht bereit sind, die einheitliche Liturgie zu feiern, nicht folgen. Besonders wendet sich der Papst gegen gewaltsame Proteste und fordert Gehorsam ein: "Auch ich habe euch immer wieder aufgefordert, eurer Kirche gegenüber fügsam zu sein. Wie kann es Eucharistie sein, wenn die Gemeinschaft gebrochen wird, wenn das Allerheiligste Sakrament nicht respektiert wird, wenn es Streit und Schlägereien gibt?"
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Nach Ansicht von Papst Franziskus gibt es Gründe für den Widerstand, die nichts mit der Liturgie zu tun haben: "Es sind weltliche Gründe. Sie kommen nicht vom Heiligen Geist. Und wenn sie nicht vom Heiligen Geist kommen, dann kommen sie von anderswo." Die Gläubigen sollen sich davor hüten, dass der Teufel sie dazu verleitet, eine Sekte zu werden. Jetzt sei es nach vielen Briefen und Ermahnungen an der Zeit, dass er sich als Papst persönlich an die Gläubigen wende, damit allen klar werde, wo er stehe: "Im Namen des Herrn, für das geistliche Wohl eurer Kirche, unserer Kirche, bitte ich euch, diesen Bruch wieder zu kitten. Es ist eure Kirche, es ist unsere Kirche. Stellt die Gemeinschaft wieder her, bleibt in der katholischen Kirche!" Die Priester werden aufgefordert, sich an ihre Gehorsamsverpflichtung zu erinnern: "Entfernt euch nicht vom Weg eurer Kirche, sondern geht mit der Synode, euren Bischöfen und dem Großerzbischof!"
Bis Weihnachten zur Gemeinschaft zurückkehren
Das anstehende Weihnachtsfest solle dafür genutzt werden, zurück zur Einheit zu kommen. "Denkt in der Liturgie an euren Erzbischof und betet für ihn. Das ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass ihr euch in der Einheit der Kirche wiedererkennt. Dann wird es Weihnachten für euer ganzes Volk." Eindringlich fordert der Papst die Gläubigen auf, nicht weiter den Leib Christ zu verletzen: "Lasst die Eucharistie das Vorbild eurer Einheit sein. Zerbrecht nicht den Leib Christi, der die Kirche ist, damit ihr nicht eure Verdammnis esst und trinkt." In der Videobotschaft ging Papst Franziskus nicht auf den personellen Wechsel an der Spitze des Großerzbistums ein. Zeitgleich mit der Botschaft veröffentlichte das vatikanische Presseamt einen Brief an Kardinal Alencherry, in dem der Papst dem Großerzbischof für sein Wirken dankt, ohne den Liturgiestreit zu erwähnen.
In der syro-malabarischen Kirche schwelt seit Jahren ein Streit um die Feier der Liturgie, die Heilige Qurbana. Die Kirche im Südwesten Indiens geht auf die Thomaschristen zurück und steht in Einheit mit dem Papst. Ihre Liturgie folgt dem ostsyrischen Ritus. Vor allem entzündet sich der Streit um die Zelebrationsrichtung: Während einige Gläubige in Anlehnung an den römischen Ritus die Richtung zum Volk bevorzugen, ist die traditionelle Richtung die nach Osten, mit dem Rücken zum Volk. Ein Kompromiss der syro-malabarischen Synode vom August 2021 sieht vor, dass der Priester bis zum Hochgebet zur Gemeinde hin zelebriert und sich dann erst zum Ende des Gottesdienstes wieder zur Gemeinde umdreht.
An dieser Regelung wurde Kritik laut, weil sie ohne Beratungen mit Priestern und Laien erfolgt sei. Vor allem im Großerzbistum Ernakulam-Angamaly eskalierte der Konflikt. Im August ernannte Papst Franziskus den slowakischen Erzbischof Cyril Vasil zum Apostolischen Delegaten, um im Streit zu vermitteln. Trotz seiner Bemühungen ist ein Ende des Disputs nicht in Sicht. Mehrere Priester wurden durch Vasil ihres Amtes enthoben, gegen seine Einsetzung gab es Demonstrationen. Ende November hatte der Apostolische Administrator verfügt, dass Priesterkandidaten nur dann geweiht werden, wenn sie sich schriftlich zur Feier der einheitlichen Liturgie verpflichten. (fxn)