Standpunkt

Auch in der Kirche werden die Menschenrechte verletzt

Veröffentlicht am 11.12.2023 um 00:01 Uhr – Von Friederike Frücht – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Menschenrechte sind bis heute eine Utopie. Leider werden sie weltweit in allen Ländern und Gesellschaften verletzt – auch in der Kirche, klagt Friederike Frücht. Sie ruft zur vollständigen Umsetzung der Menschenrechtskonvention auf.

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Gestern vor 75 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündet. Erarbeitet wurde sie von einer Kommission unter der Leitung Eleanor Roosevelts. Anlass waren unter anderem die Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zweiten Weltkrieg. Trotz des gemeinsamen Ziels war es kein einfacher Prozess. Die Erklärung markiert einen Meilenstein in der Geschichte der Menschenrechte und der internationalen Zusammenarbeit, auch wenn sie nicht rechtlich bindend ist.

Die Konvention, die aus 30 Artikeln besteht, betont die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, Diskriminierung jeglicher Art, auch aufgrund des Geschlechts zu verhindern. Dies war ein bedeutender Schritt vorwärts, da insbesondere Frauen historisch gesehen oft benachteiligt wurden und keine Rechte hatten. Die Konvention legte den Grundstein für eine Sensibilisierung für Geschlechterfragen und rief auch dazu auf, stereotype Geschlechterrollen zu überwinden. Eleanor Roosevelt gestaltete die Erklärung nicht nur inhaltlich mit, sondern war auch für die strategische Umsetzung verantwortlich. An ihrer Person wird sichtbar, was nicht nur damals die Herausforderungen waren: Das Wissen um ihre herausragenden Verdienste ist kaum jemandem präsent.

75 Jahre später scheint die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte immer noch eine Utopie zu sein. Nicht nur in Kriegen werden Menschenrechte massiv verletzt: In keinem Land der Welt werden sie nicht verletzt, auch innerhalb der Kirche nicht. Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede, ungleicher Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Weiheämter sowie die Fortdauer patriarchaler Strukturen sind nur einige Beispiele.

Wir müssen uns also weiterhin für die Rechte aller Menschen und damit für die vollständige Umsetzung der Menschenrechtskonvention einsetzen. Das bedeutet, bestehende Gesetze zu stärken, neue Gesetze zu erlassen, die Gleichstellung fördern, und aktiv gegen Diskriminierung in jeder Form vorzugehen. Nicht nur die Politik ist an dieser Stelle gefordert, sondern auch Kirche und Zivilgesellschaft. Aktuell wird die Gleichheit aller Menschen insbesondere durch rechte Parteien massiv in Frage gestellt. Damit die Utopie irgendwann Wirklichkeit wird, braucht es jeden einzelnen von uns – jeden Tag und in allen gesellschaftlichen Kontexten. Demokratie und Menschenrechte müssen gelebt und verteidigt werden – heute und in Zukunft!

Von Friederike Frücht

Die Autorin

Friederike Frücht leitet die Abteilung Kommunikation der kfd und ist Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift Junia.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.