Papst Franziskus treibt die Kirche nicht in ein Schisma
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Die Kritik an der Amtsführung von Papst Franziskus wird immer lauter. Er handle oft willkürlich, verfolge eine progressive Agenda, strafe konservative Widersacher und belohne diejenigen, die ihm nach dem Mund redeten. Die vielbeschworene Synodalität sei Augenwischerei, da sie eigentlich nur beratenden Charakter habe. Franziskus treibe letztlich die Spaltung innerhalb der Kirche voran.
Ich teile viele der Kritikpunkte und wünschte mir einen Papst, der sich wenigstens an die eigenen Regeln hält und zum Beispiel eingereichte Rücktritte von (Erz-)Bischöfen innerhalb der vom Kirchenrecht vorgesehenen Fristen annimmt oder auch ablehnt. Aber er hat nun mal die Freiheit, zu tun und zu lassen, was er will, und uns bleibt nur, das hinzunehmen. Für die ohnehin schwach ausgebildete Rechtskultur innerhalb der Kirche wird dies ohne Zweifel negative Folgen haben.
Ein Vorwurf trifft den Papst aber zu Unrecht: nämlich die Behauptung, er treibe die katholische Kirche in ein Schisma. Seit Beginn der Christenheit kommt es zu Spaltungen innerhalb der Kirche(n). Die fortschreitende Modernisierung nicht nur in der westlichen Welt führt unweigerlich zu Spannungen und Widerständen. Die Globalisierung provoziert zudem Ungleichzeitigkeiten, die nicht so ohne Weiteres aufzulösen sind.
Papst Franziskus die Schuld für spalterische Tendenzen in der gegenwärtigen Kirche in die Schuhe zu schieben, ist unredlich. Er ist eher der Katalysator für Entwicklungen, die bereits vor ihm begonnen haben. Ein Beispiel ist sein unmittelbarer Vorgänger Benedikt XVI., der auf seine Weise das Schisma innerhalb der katholischen Kirche vorantrieb, indem er auf die Herausforderungen der Postmoderne mit dem Rückzug auf vormodernes Traditionsgut reagierte. Neu unter Franziskus ist, dass sich nun auch konservative Gruppen von Gläubigen ausgegrenzt fühlen, eine Erfahrung, die bisher sogenannten "Progressiven" vorbehalten war. Die Frage ist – auch mit Blick auf das nächste Pontifikat: Wie kann ein Papst wirklich "Diener der Einheit" sein, wie es seinem Anspruch entspricht?
Der Autor
Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin. Von 2009 bis 2016 war er Mitarbeiter der vatikanischen Ostkirchenkongregation.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.