Heße: "Fiducia Supplicans" sei "ein Weihnachtsgeschenk"

Bischöfe begrüßen Vatikan-Erklärung zur Segnung homosexueller Paare

Veröffentlicht am 18.12.2023 um 17:49 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Erklärung "Fiducia Supplicans" hat viele Menschen und auch die Kirchenvertreter in Deutschland überrascht. Gleichgeschlechtliche Paare können nun auch ganz offiziell kirchlich gesegnet werden. Die deutschen Bischöfe begrüßen das Dokument – und betonen seine Grenzen.

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Die Bischöfe und Kirchenvertreter in Deutschland haben die vatikanische Erlaubnis für die Segnung homosexueller Paare begrüßt. "Die Praxis der Kirche kennt eine Vielzahl von Segensformen. Es ist gut, dass nun dieser Schatz für die Vielfalt von Lebensmodellen gehoben wird", betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, in einer Pressemitteilung. Das Glaubensdikasterium betone die klare Abgrenzung zum sakramentalen Segen im Rahmen der kirchlichen Trauung. "Andererseits aber weist der Text auf die pastorale Bedeutung eines Segens hin, der auf eine persönliche Bitte hin nicht verweigert werden darf." Die Erklärung ziehe eine "klare Linie zwischen der unverbrüchlichen Treue gegenüber der Lehre der Kirche und den pastoralen Erfordernissen einer kirchlichen Praxis, die den Menschen nahe sein möchte". Dort werde ein pastoraler Handlungsspielraum umschrieben, "der eine verantwortungsvolle kirchliche Praxis verdeutlicht".

"Die Bitte um einen Segen ist eine demütige Geste gegenüber Gott, in der die Menschen zum Ausdruck bringen, dass sie sich der Güte Gottes anvertrauen", erklärte Bätzing. Im Segen werde die Liebe Gottes zugesprochen als Stärkung auf dem Lebensweg. "Die Erklärung hält fest, dass für die Erteilung eines einfachen Segens nicht dieselben moralischen Bedingungen verlangt werden müssen und können, die für den Empfang der Sakramente gefordert werden."  

Am Montag hatte das vatikanische Dikasterium für die Glaubenslehre die Erklärung "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) in mehreren Sprachen veröffentlicht. Darin wird Geistlichen die Möglichkeit eingeräumt, unverheiratete und homosexuelle Paare zu segnen. Eine Verwechslung mit einer kirchlichen Eheschließung müsse dabei aber ausgeschlossen werden. Der Segen dürfe außerdem nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilt werden. Die Erklärung trägt die Unterschrift des Glaubenspräfekten Kardinal Victor Manuel Fernandez und wurde von Papst Franziskus ausdrücklich genehmigt.

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Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße begrüßte die Vatikan-Erklärung ebenfalls. "Sie ist ein Ausdruck des Respekts vor der Lebenswirklichkeit und der Lebensentscheidung von Menschen, die füreinander da sein wollen. Und sie gibt uns die Möglichkeit zu segnen, ohne etwas zu verlangen", sagte Heße in einem Statement am Montag in Hamburg. Die Erklärung sei für ihn ein "richtiges Weihnachtsgeschenk".

Auch der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers zeigte sich erfreut über die Vatikan-Erklärung. Er verstehe den Text als Ermutigung, die Seelsorge für queere Menschen im Sinne von Papst Franziskus weiter zu fördern, sagte Timmerevers der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Die Grundsatzerklärung versuche einen "pastoralen Balanceakt, der zum einen die Lehre der christlichen Ehe nicht vernachlässigt und zum anderen den Wert der Beziehungen von Menschen auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen hebt", so Timmerevers. Der Text nehme realistisch in den Blick, dass Menschen segnungsbedürftig seien. "Segen – also kurz Danken und Bitten – wird nicht mehr darüber konditioniert, ob jemand allen moralischen Idealen gleichermaßen entspricht."

"Nun endlich darf Zuwendung durch Segen sein – Gott sei Dank!"

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp reagierte nach eigenen Worten "froh und überrascht zugleich" auf die Meldung aus Rom. "Die Glaubenskongregation tut etwas, das wir nur begrüßen können", sagte sie laut Pressemitteilung. Die Glaubenskongregation nehme das Segnen ernst und befreie die Entscheidung für den Segen von einem sakramentalen Überbau. "Nun endlich darf Zuwendung durch Segen sein – Gott sei Dank!", so die ZdK-Präsidentin. Sie erinnerte an das große Engagement des Synodalen Wegs für die Segnung von Paaren, die sich lieben, sowie Seelsorgende, die solche Feiern in der Vergangenheit bereits durchgeführt hatten. "Es zeigt sich, dass theologische Redlichkeit und Glaubenssinn wichtige Wegmarken auf dem Weg zur Veränderung der Kirche bilden. Eine bloße Verbots-Hörigkeit ist nicht katholisch", so Stetter-Karp. Sie erinnerte daran, dass das Glaubensdiskasterium noch 2021 die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verboten hatte. "Katholisch sein heißt in diesen Zeiten, mit Veränderung zu rechnen."

Auch der Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Gregor Podschun ist nach eigenen Worten überrascht und erfreut über die Erklärung. "Ich konnte die Meldung aus Rom erst nicht glauben, sie ist ein Schritt in die richtige Richtung, der lange überfällig war", sagte Podschun laut Pressemitteilung. Die Erklärung könne allerdings nur ein erster Schritt sein, da Segnungen auch innerhalb des Gottesdienstes ermöglicht werden müssten. "Der Text aus Rom beinhaltet zudem weiterhin eine Haltung und Theologie, die diskriminierend und queerfeindlich ist", kritisierte der BDKJ-Bundesvorsitzende. Er sieht nun auch die deutschen Bischöfe in der Pflicht. "Die Bischöfe, die mit Verweis auf Rom den Beschluss des Synodalen Weges zum Thema Segnungen nicht umsetzen wollten, haben nun keinen Grund mehr, länger zu warten. Wir erwarten, dass nun in allen Diözesen Segnungen ermöglicht werden." (cbr)