So reagiert die Weltkirche auf "Fiducia supplicans"
Dass die Vatikan-Erklärung "Fiducia supplicans" zu Segnungen von unter anderem gleichgeschlechtlichen Paaren zu vielen internationalen Reaktionen führen würde, war zu erwarten: Schließlich steckt in dem Dokument hohes weltkirchliches Sprengpotenzial. Bischofskonferenzen und einzelne Bischöfe auf verschiedenen Kontinenten äußerten sich in den vergangenen Tagen zu dem Schreiben. Katholisch.de stellt die ersten Reaktionen zusammen.
Europa
In Europa waren die Reaktionen von Bischofskonferenzen beziehungsweise einzelnen Bischöfen positiv bis verhalten. Die Schweizer Bischofskonferenz teilte mit, dass die Entscheidung dem Wunsch der Schweizer Bischöfe nach einer offenen Kirche entspreche, welche Menschen in unterschiedlichen Beziehungssituationen ernst nimmt, achtet und begleitet. Der Wunsch nach Segnung zeige, dass die betreffenden Menschen in die heilsbringende Beziehung mit Gott eintreten möchten. "Mit dem Schritt, die Segnung von Paaren in diversen Beziehungssituationen möglich zu machen, erkennt die Kirche diesen Wunsch für alle an."
Auch die österreichischen Bischöfe begrüßten das Papier. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, sagte, er habe die Veröffentlichung "mit Freude aufgenommen". Segnen sei ein Grundbedürfnis, "das grundsätzlich niemandem verwehrt werden darf – wie Brot", so der Erzbischof wörtlich. Sowohl das Bemühen der Bischofskonferenz als auch sein eigenes sei es gewesen, "für Menschen in sogenannten irregulären Verbindungen einen gangbaren Weg der Begleitung zu finden".
Von Seiten der spanischen Bischöfe gab es keine konkrete Stellungnahme. Laut dem Magazin „Vida Nueva“ sagte der Generalsekretär der Bischöfe, César García Magán, bei einer Pressekonferenz lediglich, dass jeder Bischof in seiner Diözese sehen werde, wie man damit umgehe. Er wies darauf hin, dass "es nicht nur um homosexuelle Paare, sondern auch um heterosexuelle Paare” gehe und betonte, "wie wichtig es ist, nicht zu verwirren und diese Segnung zu einer anderen Feier als die kanonische Ehe zu machen".
Dražen Kutleša, Erzbischof von Zagreb und Vorsitzender der Kroatischen Bischofskonferenz, erklärte zu dem Vatikan-Dokument, dass es bei einem Segen nicht darum gehe, den Zustand der Person zu billigen, sondern ihr besondere Sorge und Aufmerksamkeit zu schenken. Gleichzeitig solle es sich nicht um einen Ritus handeln.
Aus Großbritannien hieß es vom Pastoralrat der LGBT+-Katholiken im Erzbistum Westminster, der von Kardinal Vincent Nichols ins Leben gerufen wurde, dass nach „Fiducia supplicans“ der Weg zur vollständigen Aufnahme gleichgeschlechtlicher Paare in der Kirche noch weit sei. Dennoch handle es sich um einen kleinen Schritt zur "radikalen Inklusion" von queeren Personen.
Nordamerika
Die US-amerikanische Bischofskonferenz zeigt sich in ihrer offiziellen Stellungnahme zu "Fiducia supplicans" verhalten. "Die Lehre der Kirche zur Ehe hat sich nicht verändert", heißt es. Zudem wird der Unterschied zwischen einem förmlichen sakramentalen Segen und einem einfachen pastoralen Segen betont. Die Bischöfe in den USA gelten bei vielen kirchlichen Reformfragen als gespalten.
Ähnlich wir die US-amerikanischen Oberhirten formulieren es ihre kanadischen Amtsbrüder: In einem Statement des Konferenzvorsitzenden, Bischof William McGrattan, heißt es, dass das Schreiben ausdrücklich das traditionelle Verständnis der Kirche von der Ehe bekräftige. Dennoch erlaube es den Seelsorgern, Menschen zu segnen, "die aus freien Stücken um einen Segen bitten und göttliche Hilfe suchen, um in Treue zu Gottes Willen zu leben". Die Erklärung stelle klar, dass solche Segnungen auf die Personen selbst und nicht auf ihre Situation bezogen sein müssten.
Afrika
In Afrika sorgte die Vatikan-Erklärung bereits für konkrete Schritte – und zwar in die entgegengesetzte Richtung: Die Malawische Bischofskonferenz verbot förmlich Segnungen homosexueller Beziehungen. In einer offiziellen Erklärung teilte sie mit: "Um Verwirrung unter den Gläubigen zu vermeiden, weisen wir an, dass aus pastoralen Gründen in Malawi Segnungen jeglicher Art für gleichgeschlechtliche Partnerschaften jeglicher Art nicht gestattet sind." Ohnehin handele das Vatikan-Papier „Fiducia supplicans“ gar nicht explizit von Segen für gleichgeschlechtliche Paare, sondern von Segnungen für Individuen "unabhängig von ihrem Beziehungsstatus". In mehreren afrikanischen Staaten steht praktizierte Homosexualität unter teils hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe. Der kirchliche Umgang mit Homosexualität und mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist daher auch in christlichen Kirchen in Afrika ein großes Konfliktthema.
Der Vorsitzende der Ghanaischen Bischofskonferenz, Bischof Matthew Kwasi Gyamfi, betonte, dass mit dem Segen die Personen gesegnet würden, aber nicht die Beziehungen. Die Kirche verstehe Segnungen als Geschenk Gottes, um Menschen „Heiliger“ zu machen. In Ghana gibt es eine Debatte um die Kriminalisierung von Homosexualität. Ein neuer Gesetzesentwurf sieht vor, dass Personen, die sich öffentlich als homosexuell identifizieren, mit härteren Strafen zu rechnen hätten.
Asien
Das kasachische Erzbistum Astana reagierte mit einer scharfen Ablehnung und einem Verbot von Segnungen für Paare. Sie sähen in dem Papier aus dem Vatikan vom Montag eine "große Täuschung", erklärten der polnischstämmige Erzbischof Tomasz Peta und sein Weihbischof Athanasius Schneider in einem Hirtenbrief. Weiter heißt es in dem Schreiben, Segnungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen "widersprechen direkt und ernstlich der göttlichen Offenbarung und der ununterbrochenen, 2.000-jährigen Lehre und Praxis der katholischen Kirche". Der Versuch, solche Segnungen zu legitimieren, werde weitreichende und destruktive Folgen haben. In der Praxis werde die katholische Kirche so in eine "Propagandistin der Gender-Ideologie" verwandelt.
Lateinamerika
Die Mexikanische Bischofskonferenz betonte in ihrer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme zur Vatikan-Erklärung, dass die durch „Fiducia supplicans“ ermöglichten Segnungen homosexueller Paare keine Legitimation "irregulärer Situationen" darstellten. Die Oberhirten des Landes riefen die Priester und weiteren Seelsorger dazu auf, "keine Verwirrung zu stiften oder das pastorale Ansinnen zu verfälschen", mit dem das Glaubensdikasterium die Segnungen gutgeheißen habe. Sie sollten "eine Haltung der Annahme, Nähe und Unterscheidung gegenüber jenen zeigen, die um einen Segen bitten". In der seelsorglichen Praxis bedeute das, bei der Begleitung der entsprechenden Personen Sensibilität und Klarheit an den Tag zu legen, damit diese den Willen Gottes in ihren Leben erfüllen könnten. Die mexikanischen Bischöfe betonten zudem, dass sich die kirchliche Lehre zu Ehe und Sexualität nicht geändert habe. Auch künftig könnten homosexuelle Paare und wiederverheiratete Geschiedene ihre Beziehungen nicht in einer offiziellen Liturgie segnen lassen. (mal)