Franziskus benenne die eindeutigen Aggressoren nicht

Kirchenhistoriker Wolf: Papst handelt in Kriegen undiplomatisch

Veröffentlicht am 29.12.2023 um 11:21 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ "Er ist weder neutral, noch macht er konkrete Lösungsvorschläge. Er redet irgendwie daher": Für Kirchenhistoriker Hubert Wolf agiert Papst Franziskus sowohl im Ukraine-Krieg als auch beim Konflikt im Heiligen Land "diplomatisch unklug".

  • Teilen:

Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat Papst Franziskus fehlendes diplomatisches Geschick in den aktuellen Konflikten vorgeworfen. Sowohl im Ukraine-Krieg wie im Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas agiere der Papst "diplomatisch unklug", sagte Wolf dem Schweizer Portal "kath.ch" (Freitag). "Er ist weder neutral, noch macht er konkrete Lösungsvorschläge. Er redet irgendwie daher", so der Kirchenhistoriker.

Im Ukrainekonflikt gebe es mit Russland einen eindeutigen Aggressor, den der Papst aber nicht als solchen benenne. "Und er sagt auch nicht, dass die Ukrainer nach der Lehre vom Gerechten Krieg selbstverständlich das Recht haben, sich zu verteidigen", betonte Wolf. Stattdessen gebe Franziskus den USA die Schuld am Krieg. Auch im Nahostkrieg agiert der Papst aus der Sicht Wolfs unglücklich. "In keiner Stellungnahme seither benannte Franziskus den terroristischen Anschlag der Hamas als Auslöser des Kriegs oder sprach vom Selbstverteidigungsrecht Israels. So verspielt er das moralische Kapital von Anfang an." Franziskus hätte die Hamas eindeutig als terroristische Täter benennen und das Selbstverteidigungsrecht Israels nach der Lehre vom Gerechten Krieg bekräftigen müssen. Erst danach hätte er dann die Forderung erheben sollen, dass Israel nicht unverhältnismäßig gegen die Zivilbevölkerung in Gaza vorgeht.

Mit der Lehre vom Gerechten Krieg zur Selbstverteidigung gehöre radikaler Pazifismus nicht zur Tradition der katholischen Kirche, unterstrich der Kirchenhistoriker – "ob es einem gefällt oder nicht". Sowohl die Ukraine wie Israel hätten demnach das Recht, sich zu verteidigen. Franziskus hingegen wollte laut Wolf die Lehre vom Gerechten Krieg aus dem Katechismus streichen. "Er hat es aber schließlich doch nicht getan, offenbar, weil er keine überzeugende Alternative für Gläubige in Konfliktsituationen anbieten kann." Als ehrlicher Makler des Friedens scheidet Franziskus nach Ansicht von Wolf aus. "Die Möglichkeiten hat er sich wahrscheinlich selbst verbaut." Franziskus müsse Antworten auf die Realität militärischer Konflikte in der Welt finden, von denen auch zahlreiche Katholiken betroffen seien. "Sie haben ein Recht, vom Stellvertreter Jesu Christi auf Erden zu erfahren, wie sie sich im Fall eines Verteidigungskrieges verhalten sollen. Der Papst ist schließlich nicht irgendein Dorfpfarrer in den Schweizer Alpen." (KNA)