Standpunkt

Verque(e)re Lage – es muss zum Schwur kommen!

Veröffentlicht am 03.01.2024 um 00:01 Uhr – Von Oliver Wintzek – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Fiducia supplicans" ummantelt die Lehre mit pastoraler Nettigkeit. Viel ärgerlicher sei aber das hochgerüstete Störfeuer gegen die Erklärung, kommentiert Oliver Wintzek. Es sei skandalös, dass solche Positionen unter dem Label "katholisch" firmieren.

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"Der Priester, der homosexuelle Paare segnet, begeht einen frevelhaften und gotteslästerlichen Akt gegen den Plan des Schöpfers." So äußert sich ein vormaliger Professor und papstwahlberechtigter Kardinal bezogen auf die römische Erklärung "Fiducia supplicans". Wortreich und reichlich verschwurbelt wird eine Korrektur – zumindest ein bisschen – der bisherigen Lehre als ungebrochene Vertiefung verkauft. Unterm Strich geht es um die Segnung von Menschen in "irregulären" Beziehungen: geschiedene und queere Personen. Ich bin skeptisch, ob die außerkatholische Weltgesellschaft dies überhaupt für begrüßenswert hält, da sich die autonome (was nicht heißt amoralische) Lebensgestaltung völlig losgelöst vom kirchlichen Moralsuniversum bewegen dürfte. Zudem hinterlässt das Schreiben einen fahlen Beigeschmack, da lediglich eine Segnung en passant, ein ramschiger Discounter-Segen feilgeboten wird, der idealerweise als Konversionstherapie gegen die Irregularität wirken soll. Also nichts Neues unter der römischen Sonne: Die Lehre bleibt unangetastet, wird aber mit pastoraler Nettigkeit ummantelt.

Das allein ist schon ärgerlich genug, viel ärgerlicher ist das verbal hochgerüstete Störfeuer, das sich in der mantrahaft vorgetragenen These verdichtet, die (queere) Sünde könne nicht gesegnet werden. Die viel gepriesenen Ränder gehen auf die Barrikaden – nicht nur ein an den Rand gedrängter Kardinal, sondern namentlich ein Großteil der afrikanischen Bischofkonferenzen verbietet sich die römische Note. Sie widerspreche ihrer Kultur, die im Kern darin besteht, Homosexualität unter (hohe) Strafe zu stellen.

Dies ist verquer, denn es ist – gelinde gesagt – eine Unkultur. Nicht die Akzeptanz queerer Lebensformen ist ein Skandal, der Skandal besteht darin, dass solche Positionen unter dem Label "katholisch" firmieren. Der Sturm im (beängstigend großen) Wasserglas versteift sich zu offener Opposition: "Ich ermahne alle, die mit der Kardinalswürde ausgestattet sind, meine Mitbrüder im Episkopat, die Priester, die Kleriker und die Gläubigen, sich diesem irrsinnigen Wettlauf Richtung Abgrund, in den uns eine Sekte von Abtrünnigen treiben will, entschieden entgegenzustellen", so eine weiter randständige erzbischöfliche Stimme. Das Sektenhafte besteht indes in solchen Positionen, gegen diese ist Opposition Pflicht! Es muss und wird zum Schwur kommen, was "katholisch" sein darf und was nicht.

Von Oliver Wintzek

Der Autor

Oliver Wintzek ist Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Katholischen Hochschule in Mainz. Zugleich ist er als Kooperator an der Jesuitenkirche in Mannheim tätig.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.