Um Demokratie zu retten, braucht es nicht nur die Bürger
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Spätestens seit dem Bericht über die geheime Tagung von AfD-Politikern mit Rechtsextremisten muss allen klar sein, dass diese Partei menschenverachtend und verfassungsfeindlich ist. Inzwischen geben 22 Prozent der Deutschen an, die AfD wählen zu wollen. Sie empfinden die Demokratie in schwierigen Umbruchzeiten als Zumutung und sehnen sich nach dem "großen starken Mann", der alle Probleme löst. Wie sehr Gesellschaft und auch die Kirche schon von Personen mit rechtsextremem Gedankengut durchsetzt sind, zeigt sich am Beispiel Peter Kurths. Berlins früherer Finanzsenator und CDU-Mitglied war seit 2014 bis zum Bekanntwerden seiner Gastgeberrolle eines dieser Treffen Mitglied im Diözesanvermögensrat im Erzbistum Berlin.
Es ist gut, dass dieser Tage viele auf die Straße gehen und für ein demokratisches und menschliches Deutschland einstehen. Aber, die meisten von uns können nicht 365 Tage im Jahr demonstrieren. Deshalb hinterlassen Aufrufe, wie zuletzt von Verfassungsschutzpräsident Haldenwang getätigt, die "schweigende Mehrheit" der Gesellschaft müsse nun für die Demokratie und gegen Antisemitismus einstehen, eine gewisse Ratlosigkeit bei mir. Was genau wird hier eigentlich erwartet? Retten wir so die Demokratie oder wird mal wieder privatisiert, was eigentlich (gesellschafts)politische Weichenstellungen benötigt?
Natürlich braucht eine Demokratie Bürger*innen, die in ihrem Umfeld Stellung beziehen, wenn rassistische Meinungen geäußert oder Menschen bedroht werden. Ich erwarte aber auch Anstrengungen und Umsichtigkeit von Verantwortungstragenden. Dazu gehört für mich unter anderem, dass Medien die Menschen nicht durch skandalheischende Meldungen über Gebühr verunsichern, demokratische Parteien nicht mit rechter Polemik auf Wählerstimmenfang gehen, notwendige Weichenstellungen sozial abgemildert und Menschen mehr Partizipationserfahrungen ermöglicht werden. Wer Aushandlungsprozesse selber erfährt, kann ein besseres Verständnis für Prozesse und Kompromisse in einer Demokratie entwickeln.
Die Autorin
Andrea Hoffmeier ist Akademiedirektorin der Thomas-Morus-Akademie Bensberg.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.