Standpunkt

Trotz geringerer Ressourcen: Mehr Zeit für Seelsorge!

Veröffentlicht am 19.01.2024 um 00:01 Uhr – Von Julia Martin – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Katholiken werden immer weniger, die räumlichen Zuständigkeiten immer größer. Darunter darf aber nicht die Seelsorge leiden, kommentiert Julia Martin. Sonst verliere die Kirche auch die Menschen, die noch auf sie zählten.

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Unsere Priester in den Pfarreien müssen zeitlich entlastet werden. Es kann nicht sein, dass (junge) Priester vor Weihnachten so überlastet sind, dass sie mit nur wenigen Stunden Schlaf auskommen müssen oder dass am Ende zwischen Gemeindeteamsitzung und Lektoreneinteilung noch das Ehevorbereitungsgespräch oder gar die Krankensalbung irgendwie noch reinpassen müssen. Letztlich müssen Strukturen geschaffen werden, die Zeit für das Wesentliche bringen: die Seelsorge. Gilt übrigens nicht nur für die Priester, sondern für alle pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team. Und letztlich auch für das Sekretariat, das erste Anlaufstelle bei Problemen, Notlagen oder Wünschen ist – die erste Seelsorgsstelle sozusagen.

Wenn die Seelsorge leidet, verlieren wir nämlich genau die Menschen, die noch auf uns zählen. Die ihr Kind taufen lassen, zur Erstkommunion und zur Firmung schicken. Die keine freie Trauung wollen, sondern sich bewusst für die sakramentale Ehe entscheiden. Die in den letzten Stunden des Lebens Beistand suchen. "An der Front" brauchen wir Menschen, die nicht völlig entnervt von der vorherigen Sitzung (und wir kennen diese unnötigen Sitzungen alle) nun plötzlich den Schalter umstellen müssen, sondern bestenfalls das tun können, wofür sie da sind. Nämlich für andere Menschen.

Dabei gilt es nicht nur Strukturen zu schaffen, die nicht immer den leitenden Pfarrer in die Pflicht nehmen oder grundsätzlich Verwaltungsaufgaben vom Pastoralteam zu trennen. Vielmehr müssen auch die Mitglieder in diversen Gremien von sich aus reflektieren. Braucht es bei jeder Sitzung den Pfarrer? Muss ich bei einer schon zwei Stunden andauernden Sitzung meine Meinung auch noch sagen, obwohl sie sich mit den Wortbeiträgen zuvor deckt? Wie können wir konstruktiv in den immer größer werdenden pastoralen Räumen als Teams zusammenarbeiten statt auf die jeweilige Eigenständigkeit zu pochen?

Fakt ist: Wir Katholiken werden weniger, die räumlichen Zuständigkeiten werden größer. Tun wir das für uns Mögliche, damit lieber der Bratwurstpreis am Pfarrfest und nicht die Seelsorge darunter leidet.

Von Julia Martin

Die Autorin

Julia Martin ist Pressesprecherin der Benediktinerabtei Münsterschwarzach.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.