Weltweit Reaktionen auf das umstrittene Vatikan-Dokument

"Fiducia supplicans": Debatte um Segnung homosexueller Paare hält an

Veröffentlicht am 24.01.2024 um 00:01 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Seit Wochen debattiert die Kirche über das Vatikan-Dokument "Fiducia supplicans". Darin hatte der Vatikan erstmals die Möglichkeit zur Segnung homosexueller Paare eröffnet. Widerstand kommt vor allem aus Afrika.

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Eine Woche vor Weihnachten entfachte der Chefdogmatiker des Papstes, Kardinal Victor Fernandez, eine Debatte, die die ganze katholische Weltkirche erfasste. Mit dem vom Papst ausdrücklich genehmigten Text "Fiducia supplicans" eröffnete er erstmals in der Kirchengeschichte die Möglichkeit einer Segnung für gleichgeschlechtliche Paare durch katholische Geistliche.

Während im deutschsprachigen Raum Bischöfe und Theologen von einer ersten Öffnung sprachen, regte sich anderswo deutlicher Widerstand. Vom Kongo bis nach Kasachstan veröffentlichten Bischöfe Erklärungen, in denen sie die Segnungen ablehnten. Nirgends ist die Opposition so stark wie in Afrika. Der Vorsitzende des gesamtafrikanischen Bischofsrates SECAM und Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Fridolin Ambongo, organisierte den Widerstand; und er setzte den Vatikan unter Druck.

Kardinal Ambongo übte Druck auf Papst aus

In einer offenbar heimlich aufgezeichneten Rede, über die französische und US-amerikanische Portale berichten, informierte er Mitte Januar unter dem Jubel der Zuhörer von seiner Intervention in Rom. Aufgeschreckt von der heftigen Reaktion vieler Gläubigen, die auch aus anderen christlichen Kirchen gekommen sei, habe er einen langen Brief an Papst Franziskus geschrieben. Zudem habe er eine Synthese der Reaktionen aller afrikanischen Bischofskonferenzen verfasst. Dann sei er montags – offenbar am 8. Januar – nach Rom geflogen.

Ambongo fuhr fort, er habe am Dienstagmorgen einem Privatsekretär die Texte an den Papst übergeben und dringend um ein Gespräch gebeten. Das sei ihm noch am selben Tag gewährt worden. Der Papst sei bestürzt und traurig gewesen über die Reaktionen aus Afrika. Daraufhin habe er, Ambongo, Franziskus erklärt, dass das Volk Gottes nicht Erklärungen mit theologischen und philosophischen Definitionen von Segnungen brauche, sondern eine Mitteilung, um die Gemüter zu beruhigen.

Bild: ©KNA/CNS photo/Lola Gomez

Kardinal Fridolin Ambongo Besungu ist Erzbischof von Kinshasa (Kongo) und spricht sich gegen "Fiducia supplicans" aus.

Wenig später habe Kardinal Fernandez ihn empfangen, und am Mittwoch hätten sie in der Glaubensbehörde einen gemeinsamen Text verfasst. Mehrfach hätten sie den Papst angerufen, um sich seiner Zustimmung zu den Inhalten zu vergewissern. Dieses Dokument mit dem Titel "Nein zur Segnung homosexueller Paare in Afrika" habe er, Ambongo, gemeinsam mit Kardinal Victor Fernandez unterzeichnet.

Veröffentlicht habe man es am 11. Januar. An diesem Tag gab Ambongo auch VaticanNews ein Interview auf Französisch, in dem er seine Intervention in Rom rechtfertigte. Die Unterschrift unter dem Dokument vom 11. Januar sieht so aus, als sei es am Sitz des SECAM in Ghana unterzeichnet worden. In Wahrheit sei dies in Rom geschehen, so der Kardinal.

Kardinal Zuppi stellt sich hinter den Papst

Unterdessen haben sich weitere Schwergewichte unter den 114 katholischen Bischofskonferenzen der Welt zu Wort gemeldet. Am Montag positionierte sich der Vorsitzende von Italiens Bischofskonferenz, Kardinal Matteo Zuppi, klar auf der Seite des Papstes. Er unterstützte das Papier "Fiducia suppplicans" und unterstrich, dass auch homosexuelle Getaufte mit allen Rechten zur Kirche gehörten.

Zuppi äußerte sich vor dem Ständigen Rat seiner Bischofskonferenz. Unklar ist allerdings, wie die Mehrheitsverhältnisse in der größten Bischofskonferenz Europas bezüglich "Fiducia suppplicans" verteilt sind. Ähnlich wie Zuppi äußerte sich am Sonntag auch der Vorsitzende der zweitgrößten Bischofskonferenz Lateinamerikas, Erzbischof Rogelio Cabrera Lopez von Monterrey (Mexiko).

Der neue Glaubenspräfekt und Kardinal Víctor Manuel Fernández
Bild: ©picture alliance / Photoshot

Glaubenspräfekt Victor Fernandez hat mit seinem Dikasterium die Segens-Erklärung veröffentlicht.

Er erinnerte daran, dass die Einheit mit dem Papst ein sichtbares Symbol für die Einheit der Kirche sei und die Bischöfe ihm zu Gehorsam in Lehrfragen verpflichtet seien. Er rief die Katholiken auf, in Denken und Handeln mit dem Papst einig zu sein und seinen seelsorgerischen Vorschlägen zu folgen.

Inhaltlich gab Cabrera zu bedenken, dass die Kirche zwar die christliche Lehre verkünden müsse. Zugleich solle sie aber allen Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenslagen nah sein und ihnen Gottes Barmherzigkeit weitergeben.

Kardinal Zen sieht keinen Spielraum für Diskussionen

Unterdessen sind aus den Bischofskonferenzen und dem Vatikan unterschiedliche Meinungen zu hören, ob die Segnung im Oktober in Rom bei der abschließenden Runde der mehrjährigen Weltsynode ein Thema sein soll. Ein entsprechender Vorschlag der kleinen regionalen Nordafrikanischen Bischofskonferenz hat bislang nur wenige Unterstützer gefunden.

Hongkongs früherer Bischof, Kardinal Zen Ze-kiun, mit zunehmenden Alter von nun 92 Jahren mehr und mehr ein Dissident vatikanischer Einlassungen, sieht offenbar gar keinen Spielraum mehr für Diskussionen. Er forderte nichts weniger als die Entlassung von Fernandez – als Ketzer.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)