Bundesregierung will Protestaktionen vor Abtreibungspraxen verbieten
Protestaktionen vor Abtreibungspraxen sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig der Vergangenheit angehören. Ein am Mittwoch vom Kabinett beschlossener Gesetzentwurf zur sogenannten Gehsteigbelästigung sieht vor, dass solche Aktionen künftig als Ordnungswidrigkeit geahndet werden sollen. Dann droht ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro.
Als Gehsteigbelästigung werden Protestaktionen von Abtreibungsgegnern in der Nähe von Beratungsstellen, Krankenhäusern und Arztpraxen bezeichnet, die Schwangerschaftskonfliktberatungen anbieten oder Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte dazu, mit dem Gesetz würden die Rechte von Schwangeren gestärkt. "Wir gehen einen wichtigen Schritt für die Selbstbestimmung der Frau", so Paus. Vor Beratungsstellen, Praxen und Kliniken müssten schwangere Frauen wirksam vor Belästigungen und unzumutbaren Einflussnahmen geschützt werden. Meinungsfreiheit habe hier ihre Grenzen – auch im Sinne des Schutzes des werdenden Lebens, der durch die ergebnisoffene Schwangerschaftskonfliktberatung gewährleistet wird.
Entwurf sieht ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen vor
Städte wie Frankfurt am Main hatten mehrmals vergeblich versucht, Demonstrationen von Lebensschützern vor Beratungsstellen zu verbieten. Die Ampelfraktionen hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Ahndung des Vorgehens verständigt. Lebensschutz-Vereine kritisieren das Vorhaben. Laut dem aktuellen Entwurf muss ein ungehinderter Zugang zu den Beratungsstellen gewährleistet werden. Schwangere dürfen demnach in Hör- und Sichtweite nicht gegen ihren Willen angesprochen werden.
Nach derzeitiger Gesetzeslage ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig; er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die Schwangere sich zuvor beraten lassen, und zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Die Caritas begrüßte den Gesetzentwurf. Die Regelung schütze Frauen, Beraterinnen und Ärzte davor, dass etwa der Zugang zu Schwangerschaftsberatungsstellen blockiert werde. Frauen in einem Schwangerschaftskonflikt hätten einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Beratung. Sie dürften an der Wahrnehmung dieses Rechts nicht gehindert werden, so die Caritas. In ihrer besonderen Notlage bräuchten sie zeitnahe Hilfe. Zugleich betonte der Verband, dass "störende Verhaltensweisen" nicht wie im Gesetzentwurf festgelegt, pauschal den Bereich von 100 Metern um den Eingang der Beratungsstellen und Einrichtungen betreffe. Der Gesetzgeber solle stattdessen auf die "Sicht- und Hörweite" zum Eingang abstellen. (KNA)